Angioplastie und Restenosen: Weil es vielversprechend erscheint, eine arterielle Obstruktion der Koronargefäße mittels eines
Perkutankatheters zu beseitigen, werden Jahr für Jahr mehr Angioplastien vorgenommen allein in den USA 100.000 Eingriffe dieser Art jährlich mit
steigender Tendenz. Mindestens ein Drittel der mit dieser Technik versorgten Koronarkranken muß mit Restenosen rechnen. Warum der initial erfolgreichen
Angioplastie die Wiederverlegung des betroffenen Gefäßes folgen kann, ergibt sich aus dem wenn auch minimalen Trauma, das an der
Innenschicht der Koronargefäße bei dieser besonderen Technik gesetzt wird. Am Ort des Eingriffs nehmen Endothel, Intima und Media Schaden, und ein
Teil des Umgebungsgewebes im Atherombereich wird übermäßig gedehnt. Hier entwickeln sich nicht selten Anlagerungsthromben. Das Endothel
braucht Monate, um den so entstandenen Schaden zu reparieren und seine Schutzfunktionen gegenüber thrombogenen Einflüssen wiederzugewinnen.
Die antithrombogene Eigenschaft des intakten Endothels beruht auf der Bildung und Wirkung von Prostazyklin, Gewebeplasminogenaktivator, antithrombotisch
wirkenden Zelloberflächenproteinen, Heparin und dem vom Endothel abstammenden Relaxing factor. Verletzungen der Gefäßinnenschicht setzen
Gerinnungsvorgänge in Gang, begünstigen die Blutplättchenanlagerung und aktivieren die Gerinnungskaskade. Eingriffe am Endothel bzw. ein dort
gesetzter Schaden während der Angioplastie vermögen Thrombosen und Gefäßspasmen auszulösen. Weder Azetylsalizylsäure,
Heparin, Vasodilatatoren vom Nitrattyp noch Kalziumantagonisten können dabei eine Restenose mit Sicherheit verhindern. Dies findet möglicherweise
eine Erklärung in ihren Wirkmechanismen, die die Vorgänge am Endothel unbeeinflußt lassen. Selbst stärkere
Thrombozytenaggregationshemmer als die vorgenannten Stoffe sind nicht praktikabel. Ohne Ergebnis blieben Versuche mit Fischölsupplementen und dem
Gerinnungshemmer Warfarin (COUMADIN). Auch die Kurzzeitgabe von Heparin hat auf die Restenosierungsrate wenig Einfluß. Klinische Studien mit subkutan
verabreichtem Heparin für 3 bis 4 Monate nach der Angioplastie bieten bessere Aussichten. Am Reparaturmechanismus des Endothels ist auch ein
gefäßwandeigenes Heparin beteiligt, das die überschießende Bildung der glatten Muskulatur der Gefäße hemmt. Die Forschung sucht
nach Stoffen, mit denen sich die proliferativen Vorgänge im Verletzungsbereich des Gefäßes bremsen lassen. Die Problemstellung ist erkannt, eine
Problemlösung indes noch nicht in Sicht (BRADY, A. J. B., J. B. WARREN: Brit. med. J. 303 [1991], 729)
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