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Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA warnt vor einer möglicherweise gesteigerten Suizidalität unter dem
Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (YENTREVE) bei Frauen mit
Belastungsinkontinenz (= Stressinkontinenz). In offenen Verlängerungsphasen kontrollierter Studien wurde laut FDA "eine höhere Rate an
Suizidversuchen beobachtet als erwartet".1 Duloxetin ist in den USA nicht für diese Indikation zugelassen (a-t 2005; 36: 23), wird dort aber wie in Europa unter dem Namen CYMBALTA als Antidepressivum angeboten.
Duloxetin war bereits während seiner Erprobung gegen Inkontinenz in die Schlagzeilen geraten, nachdem eine gesunde Probandin in der Phase der
Dosisreduktion Selbstmord begangen hatte (a-t 2004; 35: 120). Bis Juni 2005 sind in klinischen Studien zur
Belastungsinkontinenz elf Suizidversuche dokumentiert, die alle in den unkontrollierten Verlängerungsphasen aufgetreten sind. Daraus errechnet sich für
Duloxetin eine Häufigkeit von 400 Ereignissen/100.000 Personenjahre, während die Rate an Suizidversuchen bei US-amerikanischen Frauen mittleren
Alters nach mehreren Studien 150-160/
100.000 Personenjahre betragen soll. In Studien zur Depression oder diabetischen Neuropathie finden sich keine Hinweise auf erhöhte
Suizidalität.1
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Die FDA untersucht derzeit, ob Antidepressiva auch bei Erwachsenen die Suizidalität steigern. Wie bei der Analyse der Daten für Kinder und
Jugendliche, die vergangenes Jahr abgeschlossen wurde und zu verschärften Warnhinweisen geführt hat, lässt die Behörde alle
plazebokontrollierten Studien zu sämtlichen erprobten Indikationen von unabhängigen Experten auf mögliche Fehlkodierungen unerwünschter
Ereignisse prüfen.2 Angesichts mehrerer aktueller Publikationen zum Suizidrisiko Erwachsener (vgl. a-t 2005;
36: 45-7) empfiehlt die FDA erneut, alle Patienten vor allem in den ersten Monaten der Behandlung sowie bei Änderungen der Dosis engmaschig zu
überwachen hinsichtlich Verschlechterung der Depression, Suizidalität oder neu auftretender antriebssteigernder Effekte wie Ängstlichkeit,
Aggressivität, Agitation u.a. (vgl. a-t 2005; 36: 1-2), die Vorboten aufkommender Suizidalität sein
können.
Deutsche Fachinformationen informieren nach wie vor unzureichend über die bedrohlichen Risiken: So findet sich beispielsweise bei FLUCTIN (Fluoxetin)
lediglich der Hinweis, dass ein erhöhtes Suizidrisiko zum Krankheitsbild gehört, das bis zu einer deutlichen Besserung fortbestehen und
"während der frühen Phase der Besserung zunehmen kann".3 Auch die besondere Gefährdung von Kindern und Jugendlichen
wird durch Formulierungen wie "Sicherheit und Wirksamkeit von Sertralin (ZOLOFT, Red.) bei Kindern ist noch nicht endgültig belegt"4
weiterhin verschleiert, -Red.
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