KONTROVERSE UM HOPE* |
... Die von Ihnen dargestellte HOPE-Studie (a-t 1999; Nr. 12: 127) war eindeutig konzipiert
für Patienten ohne Herzinsuffizienz oder linksventrikuläre Dysfunktion (Ausschlusskriterien)1... Aus praktischen
Gründen (> 9.000 Patienten in 267 Zentren) konnte nur bei 496 Patienten eine prospektive Echountersuchung durchgeführt werden.
Bei dieser Untergruppe ergaben sich in 2,6% Zeichen einer linksventrikulären Dysfunktion. Eine Nachauswertung von
Echokardiogrammen bei > 4.500 Patienten ergab, dass bei etwa 8% der Patienten in der HOPE-Studie eine linksventrikuläre Dysfunktion mit Echo dokumentiert
war. Wir wissen aber alle um die Probleme einer solchen Post-hoc-Auswertung gerade des nicht einfachen Echoparameters "LV-Dysfunktion". Die
Ergebnisse der HOPE-Studie waren vollständig unabhängig von den Patienten mit Hinweisen auf eine LV-Dysfunktion, die zudem von den teilnehmenden
Zentren offen mit ACE-Hemmern behandelt werden konnten. Eine ähnliche Rate von LV-Dysfunktion gab es sicher auch in Hypertoniestudien wie in STOP-2,
nur hat keiner so sorgfältig wie wir danach geschaut ...
Auch die geringe Senkung des Blutdrucks um 3/2 mmHg kann das Ausmaß der Risikominderung der HOPE-Studie nicht erklären. So
wurde z.B. das Herzinfarktrisiko um 20% gesenkt (p < 0,01), was in Hochdruckstudien selbst bei Drucksenkungen um 10 mmHg nicht erreicht wurde. Herausragend
ist, dass nur etwa sieben Patienten entsprechend der HOPE-Studie behandelt werden müssen, um ein schweres kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern,
ein Ergebnis, von dem Studien bei milder Hypertonie weit entfernt sind...
Die HOPE-Studie - die auch Vitamin E testete (siehe Seite 22, Red.)2 - wurde etwa zu gleichen Teilen aus
öffentlichen Mitteln (kanadische Regierung) und der forschenden pharmazeutischen Industrie unterstützt. Sie war doppelblind, plazebokontrolliert und
wurde unabhängig gesteuert von der McMaster Universität. Darin ein "ethisch fragwürdiges Marketing-Projekt" zu sehen, ist weit
unterhalb einer wissenschaftlichen Gürtellinie gegenüber den HOPE-Forschern weltweit, dem Medical Research Council der kanadadischen Regierung
und den Reviewern des NEJM...
Prof. Dr. J. MANN (Steering Committee der HOPE-Studie)
Krankenhaus München-Schwabing
D-80804 München
Erklärtes Ziel der HOPE-Studie war, zu überprüfen, ob der ACE-Hemmer Ramipril (DELIX u.a.) unabhängig von bereits bestehenden
Indikationen das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse günstig beeinflusst. Man hätte also folgerichtig Patienten mit Herzinsuffizienz,
linksventrikulärer Dysfunktion und Hypertonie ausschließen müssen. Dies ist nicht passiert. Nach den Basisdaten der HOPE-Studie haben eingangs
mehr als 50% der Patienten Blutdruckwerte über 140/90 mmHg, also eine nicht hinreichend eingestellte arterielle Hypertonie. Nur 5% (!) der Teilnehmer werden
prospektiv echokardiografisch untersucht. Die Post-hoc-Auswertung historischer, nicht standardisierter und undatierter Echokardiografiebefunde bei 50% der
Teilnehmer kann eine Herzinsuffizienz zu Beginn der Studie nicht ausschließen. J. MANN weist selbst auf die Problematik einer solchen nachträglichen
Auswertung hin. Bei der zweiten Hälfte der Teilnehmer wird gar nicht erst der Versuch unternommen, eine möglicherweise vorbestehende Herzinsuffizienz
auszuschließen. Sicher gab es auch in anderen "Hypertonie"(!)-Studien Patienten mit Herzinsuffizienz. Nur bestand da auf Grund der Fragestellung
keine Notwendigkeit, diese Patienten auszuschließen.
Senkung des diastolischen Blutdrucks um etwa 5 mmHg kann das Risiko koronarer Ereignisse um 14% bis 26% reduzieren.1,2 Die 95%-Konfidenzintervalle
sind aber breit und betragen je nach Metaanalyse -4% bis -22%1 oder -15% bis -36%.2 Dabei ist zu beachten, dass in den metaanalytisch ausgewerteten
Hypertoniestudien Patienten mit relativ niedrigem kardiovaskulären Risiko behandelt wurden und dadurch der protektive Effekt der Blutdrucksenkung
unterschätzt wird.3 Die HOPE-Studie schließt aber Hochrisikopatienten ein. Daher ist es durchaus möglich, dass allein eine mittlere
Blutdrucksenkung um 3/2 mmHg das Risiko koronarer Ereignisse um 20% gemindert hat. Bei Patienten mit einem hohen Basisrisiko wie in HOPE sind nach
internationalen Leitlinien zur Hochdrucktherapie Number needed to treat (NNT; a-t 1998; Nr. 5: 47-50) weniger als 10
in 5 Jahren zu erwarten.4
Ethisch fragwürdig erscheint uns die HOPE-Studie aus folgenden Gründen:
1. Die hypertonen Patienten der Plazebogruppe wurden schlechter antihypertensiv eingestellt als die unter Verum.
2. Die herzinsuffizienten Patienten der Plazebogruppe, deren Erkrankung unerkannt blieb, erhielten entgegen Therapieerfordernis keinen ACE-Hemmer.
3. Große Geldmittel wurden ver(sch)wendet und sehr viele Patienten in eine Studie eingebunden, die schon vom methodischen Ansatz her nicht geeignet ist,
ihre zu Beginn gestellte Frage zu beantworten, und somit nicht zu einer Verbesserung der Behandlung von Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko
beitragen kann, -Red.
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