LAXANS PHENOLPHTHALEIN (DARMOL U.A.): MARKTRÜCKNAHME ÜBERFÄLLIG |
Das in Deutschland 1908 als DARMOL-Schokolade eingeführte Dickdarm-reizende Abführmittel Phenolphthalein stufen wir seit Jahren als
bedenklich und überholt ein.1 Allergische Hautreaktionen bis hin zum Syndrom der verbrühten Haut (LYELL-Syndrom) sowie Schocksymptome,
Lungen- und Hirnödem und Nierenversagen nach Überdosierung lassen die Nutzen-Risiko-Abwägung negativ ausfallen. Die US-amerikanische
Arzneimittelbehörde FDA will jetzt den rezeptfreien Verkauf verbieten. Fütterungsversuche an Ratten und Mäusen mit Phenolphthalein-Dosierungen,
die dem 30- bis 100fachen der therapeutischen Dosis entsprechen, wirken tumorigen und schädigen das Erbgut. Krebserzeugende Effekte lassen sich nicht
ausschließen.2 Novartis plant, in den USA Phenolphthalein gegen Senna-Extrakt auszutauschen3 - eine irrationale Entscheidung, da ein
potentielles Kanzerogen ein anderes ersetzen soll (a-t 8 [1996], 82).
Die aus den 20er Jahren stammenden Altlasten AGAROL und OBSTINOL enthalten neben Phenolphthalein ein weiteres bedenkliches Laxans: Paraffin kann
eingelagert werden und etwa in Lunge und Rektum zu Fremdkörpergranulomen führen (a-t 10 [1979], 77).
Phenolphthalein-haltige Produkte sind entbehrlich: Andere Abführmitttel wie Quellmittel oder Bisacodyl (DULCOLAX u.a.) stehen als Alternative zur
Verfügung. Wir halten die Marktrücknahme von Phenolphthalein für überfällig. Freiwillige Massnahmen für DARMOL erwarten wir
nicht, da der Hersteller Omegin mit dem Verkauf von 170.000 Packungen des Phenolphthalein-haltigen Produktes 60% seines Jahresumsatzes von 2 Millionen DM
(Apothekenabgabepreis) erzielt. Warner-Lambert und Thiemann verkaufen im Jahr 320.000 bzw. 100.000 Packungen AGAROL bzw. OBSTINOL, entsprechend 2%
bzw. 0,8% ihres Umsatzes in Apotheken.
1 | alarm-telegramm, A.V.I. Berlin, 1989, Seite 49; Arzneimittelkursbuch '96/97, A.V.I. Berlin,
1996, Seite 141 |
2 | FDA: HHS News vom 29. Aug. 1997 |
3 | Ärzte Ztg. vom 2. Sept. 1997 |
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