Kurz und bündig a-t 9/2025; 56: 70

Jugendschutz versagt – E-Zigaretten sind Einstiegsdrogen

Der Gebrauch von E-Zigaretten (Vapes, Dampfer) ist mit einer Zunahme von nachfolgendem Zigarettenrauchen, Marihuana- und Alkoholkonsum sowie gesundheitlichen Beschwerden wie Asthma, Husten u.a. assoziiert. Dies ergibt eine britische Umbrella-Analyse – eine Übersichtsarbeit über systematische Übersichten, Metaanalysen und andere Daten –, der ersten, die gezielt auf akute und langfristige Folgen des Dampfens bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre fokussiert ist.1 Ausgewertet werden 56 systematische Übersichten der Jahre 2016 bis 2024, die insgesamt 384 Publikationen erfassen. Zwischen Dampfen und nachfolgendem Einstieg in das Zigarettenrauchen wird eine konsistente und signifikante Assoziation ermittelt, die „für eine kausale Beziehung spricht“1 (Odds Ratios [OR] von 1,5 bis 26,0; 21 systematische Übersichten mit insgesamt 323 Primärstudien). Die meisten Arbeiten legen nahe, dass junge E-Zigaretten-Konsumenten eine etwa dreifach höhere Wahrscheinlichkeit als Nichtdampfer haben, später Zigaretten zu rauchen. 5 systematische Übersichten (91 Primärstudien) beschäftigen sich mit Substanzgebrauch: E-Zigaretten sind demnach mit einer Zunahme des Konsums von Alkohol bzw. Binge-Drinking (OR jeweils 4,5-6,7) sowie Marihuana (OR 2,7-6,0) assoziiert. Die methodische Qualität dieser Übersichten ist allerdings unbefriedigend. Dies gilt auch für Übersichten zur Beeinträchtigung des Respirationstraktes, die bei Dampfern im Vergleich zu Nichtdampfern auf eine höhere Wahrscheinlichkeit von Asthma oder Asthma-Exazerbationen (OR 1,2-1,4; vgl. a-t 2025; 56: 31-2) und Husten hindeuten. Hinzu kommen Hinweise auf ein höheres Risiko von Depression und Suizidgedanken, Beschwerden im Mundbereich einschließlich Mundtrockenheit und Gingivablutung, verminderte Spermienzahl, Schwindel, Kopfschmerzen u.a. Nikotin-haltige E-Zigaretten machen ebenso wie Tabakprodukte stark Nikotin-abhängig (a-t 2014; 45: 17-9). Während aufgrund von Werbeverboten, Erhöhung der Tabaksteuer u.a. über die Jahre kontinuierlich weniger Jugendliche rauchten (2003: 20%; 2023: 7%)2 und Zigaretten zunehmend negativ besetzt waren, versagt der Jugendschutz bei Rauchalternativen* einschließlich E-Zigaretten. Hierzulande dürfen diese zwar nicht direkt bei Kindern und Jugendlichen beworben und diesen verkauft werden,2,3 sie werden jedoch beispielsweise ungehindert in sozialen Medien und Musikvideos angepriesen und als harmlose Lifestyle-Produkte dargestellt.3 Und buntes Design und Aromen sprechen gerade junge Menschen an. Etwa 70% der Personen ab 14 Jahre, die aktuell dampfen, rauchen außerdem Tabak.2 Ein solcher dualer Konsum ist besonders bedenklich, da er mit einer breiteren Belastung durch Schadstoffe einhergeht.1,2,4 Ein vollständiger Umstieg von Zigaretten auf E-Zigaretten kann zwar die Schadstoffbelastung reduzieren, ist jedoch weder automatisch „gesünder“ noch sicher: Die meisten Inhaltsstoffe (darunter 16.000 Aromen) der E-Zigaretten-Aerosole sind nicht auf gesundheitsschädliche Effekte untersucht. Mehrere Substanzen (z.B. Aldehyde wie Formaldehyd, Furane), die beim Erhitzen von Liquids entstehen können, sind krebserzeugend oder stehen in Verdacht, Krebs auszulösen,2 –Red.

*Beispielsweise können die generell nicht verkehrsfähigen Nikotinbeutel ohne Alterskontrolle über das Internet bezogen werden. Bei aktuellen Stichproben wurden alle 16 Testbestellungen ohne Altersüberprüfung ausgeliefert.5
(M = Metaanalyse)
M1GOLDER, S. et al.: Tob. Control. 2025, online publ. am 19. Aug. 2025 (11 Seiten); https://a-turl.de/e7eh
2Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Deutsche Krebshilfe (Hrsg.): Tabakatlas Deutschland 2025; https://a-turl.de/d66g
3DKFZ u.a.: Pressemitteilung vom 1. Sept. 2025; https://a-turl.de/8xnp
4GLANTZ, S.A. et al.: N. Engl. J. Med. Evidence 2024; 3: EVIDoa2300229 (18 Seiten)
5HANEWINKEL, R. et al.: Pneumologie 2025, online publ. am 15. Sept. 2025; https://a-turl.de/kx9j (6 Seiten)

© 2025 arznei-telegramm, publiziert am 26. September 2025

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