Die Weltgesundheitsorganisation WHO rät aktuell in ihrer
Leitlinie zur Therapie von COVID-19 von der Anwendung von Remdesivir (VEKLURY)
bei hospitalisierten Patienten mit COVID-19 ab, beurteilt die Datenlage
aber insgesamt als unsicher.1,2 Remdesivir ist seit Juli 2020
unter „besonderen Bedingungen“ zur Behandlung von COVID-19
bei Erwachsenen und Jugendlichen mit einer sauerstoffpflichtigen
Pneumonie zugelassen (a-t 2020; 51: 57-9), unverändert
jedoch noch nicht offiziell im Handel.
Grundlage der Empfehlung der WHO ist ein systematisches
Review mit einer Netzwerk-Metaanalyse3 von vier
randomisierten Studien mit insgesamt 7.333 hospitalisierten Patienten mit
COVID-19. Nach Einschätzung der Leitliniengruppe der WHO fehlt beim
derzeitigen Kenntnisstand der Beleg, dass das Virusstatikum
patientenrelevante Endpunkte wie Mortalität (Odds Ratio [OR] 0,9; 95%
Konfidenzintervall [CI] 0,7-1,12), Notwendigkeit einer mechanischen
Beatmung (OR 0,89; 95% CI 0,76-1,03) und Zeit bis zur klinischen
Verbesserung (im Mittel 9 versus 11 Tage, Differenz -2 Tage; 95% CI -4,2-
0,9) günstig beeinflusst, wenngleich ein möglicher Nutzen derzeit auch
nicht definitiv ausgeschlossen ist. Subgruppenanalysen zur Mortalität
abhängig von der Schwere der Erkrankung beurteilen sie als nicht
hinreichend zuverlässig, um Empfehlungen abzuleiten. Die Leitliniengruppe
befürwortet aber die weitere Aufnahme von Patienten in randomisierte
Studien, um insbesondere den möglichen Nutzen in bestimmten Subgruppen
weiter zu klären.1,2
Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse nehmen
unter Remdesivir zwar nicht zu, weitere Überwachung ist jedoch
erforderlich, um dies zu bestätigen. Neue Therapeutika erfordern der
Leitliniengruppe zufolge üblicherweise einen besseren Nachweis relevanter
Vorteile als diese derzeit für Remdesivir verfügbar sind. Bedenken
bestehen im Hinblick auf die Kosten der Therapie und auch, dass die
Fokussierung auf das Virustatikum von anderen Maßnahmen ablenken könnte
wie etwa von einer optimalen supportiven Behandlung oder
Kortikosteroiden.1,2 Dexamethason (FORTECORTIN, Generika)
senkt bei COVID-19-Patienten unter Sauerstofftherapie oder invasiver
Beatmung die Mortalität (a-t 2020; 51: 49-50 und 71). Wir sehen beim
derzeitigen Kenntnisstand außerhalb klinischer Studien weiterhin keine
Indikation für Remdesivir, –Red.
© 2020 arznei-telegramm, publiziert am 20. November 2020
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