ERHÖHEN LANGWIRKENDE BETA-AGONISTEN ASTHMAKOMPLIKATIONEN? |
Langwirkende Betaagonisten wie Salmeterol (AEROMAX, SEREVENT) und Formoterol (FORADIL u.a.) werden beim Asthma bronchiale empfohlen,
wenn inhalative Kortikosteroide und kurzwirkende Betaagonisten zur Symptomkontrolle allein nicht ausreichen (Stufe 3 und 4 der Asthma-Stufentherapie). Seit
Jahren besteht jedoch der Verdacht, dass die Sterblichkeit von Asthmapatienten unter diesen Mitteln erhöht sein könnte. Insbesondere die kürzlich
vollständig veröffentlichte plazebokontrollierte SMART*-Studie1 mit Salmeterol deutet darauf hin (a-t 2005; 36: 74). Die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA fordert seit Ende 2005 strenge Warnhinweise in der Produktinformation
langwirksamer Betamimetika und empfiehlt ihre Verwendung nur, wenn andere Mittel zur Kontrolle der Asthmabeschwerden nicht ausreichen.2 Deutsche
Fachinformationen enthalten bisher nur vage3 oder keine4 Informationen dazu. Ein Warnhinweis in der früheren SEREVENT-
Fachinformation5 wurde in der aktuellen Fassung sogar gestrichen.4 Eine systematische Übersicht6 untersucht jetzt das Risiko von
asthmabedingten stationären Aufnahmen, lebensbedrohlichen Exazerbationen (Intubation und Beatmung) und Todesfällen unter langwirksamen
Betamimetika.
* SMART = Salmeterol Multicenter Asthma Research Trial
Die Suche in den etablierten Datenbanken und Nachfrage bei den Herstellern ergibt 19 plazebokontrollierte Studien mit insgesamt knapp 34.000 Patienten, die
mindestens drei Monate dauern und über mindestens eine der genannten Komplikationen berichten. Die SMART-Studie mit mehr als 26.000 Patienten
trägt wesentlich zur Datenbasis bei. Die Studien sind durchweg von hoher Qualität, dauern im Mittel sechs Monate und schließen auch Patienten mit
anderen reversiblen Atemwegsobstruktionen oder bronchialer Hyperreagibilität ein. 54% der Patienten verwenden inhalative Kortikosteroide. Anhaltspunkte
für einen Publikationsbias liegen nicht vor.6
Stationäre Aufnahmen wegen Verschlechterung der Asthmabeschwerden sind unter den langwirksamen Betaagonisten 2,6fach häufiger als unter Plazebo
(95% CI 1,6-4,3). Dieses Ergebnis kommt unabhängig von der SMART-Studie zustande, die hierzu keine Angaben enthält. Innerhalb von sechs Monaten
muss bei 1.000 Behandelten mit 7 zusätzlichen stationären Aufnahmen gerechnet werden. Prädefinierte Subgruppenanalysen ergeben keinen
Hinweis darauf, dass sich das Risiko für Kinder und Erwachsene sowie unter Salmeterol und Formoterol unterscheidet. Auch bei Beschränkung der
Auswertung auf diejenigen Studien, in denen mindestens 75% der Patienten (im Mittel 90%) Kortikoide inhalieren, ist das Risiko für Krankenhausaufnahmen
noch 2,1fach erhöht (95% CI 1,3-3,4). Lebensbedrohliche Exazerbationen sind unter den langwirksamen Betaagonisten 1,8fach vermehrt (95% CI 1,1-2,9). 14
Studien enthalten Angaben zu Todesfällen durch Asthma; sie sind unter den Mitteln häufiger als unter Plazebo (15 versus 3), vor allem durch die statistisch
signifikante Zunahme in der SMART-Studie (13 vs. 3). Demnach wäre bei 10.000 behandelten Patienten in sechs Monaten mit 7 zusätzlichen
Todesfällen zu rechnen.6
Die Befunde der aktuellen systematischen Übersicht bekräftigen die dringende Forderung, die Sicherheit der langwirkenden Betamimetika Formoterol
(FORADIL u.a.) und Salmeterol (AEROMAX, SEREVENT) zu überprüfen, zumal möglicherweise selbst eine Leitlinien-gerechte Verwendung als
Zusatz bei unzureichender Wirksamkeit inhalativer Kortikosteroide mit einem erhöhten Risiko schwerwiegender Asthmakomplikationen einhergeht.
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