HUMANINSULINE: DES GUTEN ZUVIEL |
Gibt es relevante Unterschiede im Wirkprofil zwischen den NPH-Humaninsulinen bzw. den Normal-Humaninsulinen der verschiedenen
Hersteller?
Dr. med. H. S., München
(Name und Anschrift der Redaktion bekannt)
Über 80 verschiedene Humaninsulin-Präparate erschweren Überblick und Auswahl. Neben zahlreichen meist nicht miteinander kompatiblen
PEN-Ampullen bieten die Hersteller vor allem intermediär wirksame Humaninsuline in bis zu fünf verschiedenen Mischungsverhältnissen an (a-t 3 [1996], 26). Die pharmakokinetischen Daten der Insuline in den jeweiligen Gruppen unterscheiden sich oft nur
unwesentlich. Angaben zu Eintritt, Dauer und Maximum der Wirkung sind nicht mittels standardisierter Untersuchungen bei Menschen erhoben. Darüber hinaus
werden Wirkprofile weit stärker von patienten- und situationsbezogenen Faktoren bestimmt: So ist die Absorption von Insulin beschleunigt bei hohen
Temperaturen im Bereich der Injektionsstelle, Injektion in die Bauchfalte, Muskeltätigkeit, tiefer Injektionstechnik (i.m.) und geringer Dosis. Die Absorption
verzögert sich dagegen bei niedriger Körpertemperatur im Injektionsbereich, Injektion in den Oberschenkel, höherer Dosis, flacher Injektionstechnik
(s.c.) sowie Gebrauch höherkonzentrierten U100- statt U40-Insulins (a-t 7 [1990], 61; 10 [1998], 92). Höhere Dosierungen wirken länger als niedrige. Eingeschränkte Nierenfunktion
verlängert ebenfalls die Wirkdauer von Insulin.
Bei ein- und derselben Testperson finden sich Unterschiede im Einfluss auf den Stoffwechsel von bis zu 30%, bei verschiedenen Personen bis zu 50%.1,2
Angesichts solcher Variabilität erscheinen "individualisierte" Wirkprofile der Fertigmischungen und daraus abgeleitete Differentialtherapien
irreführend und überflüssig.
Im Vordergrund jeder Insulintherapie steht die Schulung der Patienten, wie die Therapie korrekt durchzuführen und die Dosis zu wählen ist. Für die
Mehrzahl der älteren Patienten mit Typ-2-Diabetes gilt es, Hyperglykämie-bedingte Symptome zu vermeiden (a-t 4
[1997], 41). Wird dafür Insulin benötigt, reicht eine Fertigmischung eines Intermediärinsulins aus. Bei jüngeren Diabetikern empfiehlt sich die
intensivierte Behandlung mit einem langwirksamen Humaninsulin, das zu den Mahlzeiten mit einem schnellwirksamen Insulin kombiniert wird (Basis-Bolus-Konzept; a-t 5 [1998], 47).
Die Preise werden von den Herstellern quasi kartellmäßig hochgehalten. Abweichungen nach oben gibt es bei H-TRONIN, ACTRAPHANE-
Präparaten und den beiden auf gleichhohem Kostenniveau angebotenen Kunstinsulinen Lispro (HUMALOG) und Aspart (NOVORAPID).
Eine Übersichtstabelle "Eigenschaften und Kosten der Humaninsuline im Vergleich" erhalten Sie auf Anfrage von uns per Fax.
1 | HEINEMANN, L. et al.: Diabetes Care 21 (1998), 1910 |
2 | HEINEMANN, L., M. BERGER in: BERGER, M. (Hrsg.): "Diabetes mellitus", Urban &
Schwarzenberg, München 1995, Seite 99 |
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