Polio-Schluckimpfung (ORAL-VIRELON u.a.) - eine Haftungsfalle: Seit Januar empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die
parenterale Vakzine nach SALK (IPV VIRELON u.a.) als Impfstoff der Wahl zum Schutz vor Kinderlähmung (vgl. a-t 5
[1997], 57). Der nach wie vor erhältliche Schluckimpfstoff (ORAL VIRELON u.a.) ist nur noch für die Abriegelung bei eventuellen Polio-
Ausbrüchen vorgesehen. Da in Deutschland Wildvirusinfektionen nicht mehr vorkommen - die letzte autochthone Poliomyelitis wurde Ende der 70-er Jahre
gemeldet -, stellen die seltenen, durch die vermehrungsfähigen Viren des Schluckimpfstoffs verursachten Lähmungen (Impfpolio) heute die
größere Bedrohung und ein nicht mehr vertretbares Risiko dar. Die Gefährdung des Impflings wird auf 1 : 4,5 Mio., die seiner Kontaktpersonen auf 1 :
11 Mio. Impfungen geschätzt. Für die Immunisierung von Kindern stehen jetzt auch Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung, die die inaktivierte
Vakzine enthalten (PENTAVAC u.a.). Eine mit Schluckimpfstoff begonnene Grundimmunisierung wird mit der inaktivierten Vakzine zu Ende geführt. Bei
Verwendung von IPV VIRELON für Nichtgeimpfte ändert sich der Impfplan: hier genügen zwei Termine im Abstand von mindestens acht Wochen.
Bis auf Bayern und Sachsen haben alle Landesgesundheitsbehörden die STIKO-Empfehlung übernommen (Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt
sehen Übergangsregelungen vor). Dies hat haftungsrechtliche Konsequenzen: Wird trotz anderslautender öffentlicher Empfehlung der Schluckimpfstoff
verwendet, haben der Impfling oder seine Kontaktpersonen im Schadensfall keinen Anspruch auf Entschädigung im Rahmen des Bundesversorgungsgesetzes.
Der verordnende Arzt wird erhebliche Schwierigkeiten haben, die Wahl der Oralvakzine zu begründen, - Red.
|
© 1998 arznei-telegramm |