MEHR FRUST ALS LUST? SEX UNTER SEROTONIN-WIEDERAUFNAHMEHEMMERN |
Beeinträchtigte Sexualität unter den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern Fluoxetin (FLUCTIN u.a.), Paroxetin (SEROXAT u.a.) und
Sertralin (GLADEM u.a.) scheint eher Regel als Ausnahme zu sein. Zu diesem Ergebnis kommen amerikanische Psychiater, die 107 Patienten mittels Fragebogen
Veränderungen ihres Liebeslebens seit Erkrankungs- bzw. Behandlungsbeginn beurteilen lassen. Die erhöhte zentrale Serotoninaktivität wirkt sich
offenbar sehr komplex auf die Sexualfunktion aus: Jeder Zweite klagt über verminderte Libido oder Erregung. Bei jeweils etwa 40% haben Dauer oder
Intensität des Orgasmus nachgelassen bzw. tritt dieser deutlich verzögert ein. Lediglich ein Viertel bleibt von sexuellen Beeinträchtigungen
verschont.
Die unerwünschten Effekte sind so ausgeprägt, dass bereits versucht wurde, die Störwirkungen therapeutisch zu nutzen, z.B. bei sexuellen
Perversionen oder vorzeitiger Ejakulation. Einige Patienten berichten aber auch über spontane Orgasmen sowie positive Veränderungen wie
verstärkte Lustgefühle. Verträglichkeitsunterschiede zwischen den verschiedenen Abkömmlingen der Wirkstoffgruppe lassen sich nicht
erkennen. Da über Störwirkungen im Sexualbereich häufig nicht spontan berichtet wird, empfehlen die Autoren, gezielt danach zu fragen. Ein
möglicher Zusammenhang mit der Grunderkrankung ist zu berücksichtigen.
Im Gegensatz zu den Serotonin-Wiederaufnahmehemmern beschreiben drei Viertel der Personen, die das dopaminerg und noradrenerg wirkende Bupropion (USA:
WELLBUTRIN; hierzulande nicht im Handel) einnehmen, mindestens eine positive Auswirkung auf die Sexualität. Wegen vergleichsweise häufiger
Auslösung von Krampfanfällen raten wir von dem in den USA jetzt auch als Adjuvans beim Nikotinentzug zugelassenen Antidepressivum ab.
MODELL, J. G. et al.: Clin. Pharmacol. Therap. 61 (1997), 476/ati d
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