CANNABIS GEGEN ERBRECHEN BEI CHEMOTHERAPIE |
Ist Ihnen bekannt, daß Marihuana-Tabletten (THC-Tabletten) eingesetzt werden könnten zur Behandlung von
therapieresistentem Erbrechen unter Chemotherapie bei Krebs? Wäre es in Deutschland verboten, für diese Indikation THC einzusetzen? Wo könnte
man diese Tabletten ggf. erhalten?
Dr. M. HERMELING
D-34289 Zierenberg
In den USA ist eine synthetische Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)-Zubereitung (Dronabinol [MARINOL]) gegen Erbrechen bei Chemotherapie zugelassen. In
Vergleichsstudien wirkt Dronabinol mindestens ebenso gut antiemetisch wie der hierzulande nicht erhältliche Phenothiazin-Abkömmling Prochlorperazin
(USA: COMPAZINE u.a.). Es schützt jedoch weniger gut vor zytostatikabedingtem Erbrechen als Metoclopramid (PASPERTIN u.a.) i.v. und versagt in der
Regel bei Patienten, die das hoch emetogene Cisplatin (PLATINEX u.a.) erhalten.1 Ähnlich wird das dem THC verwandte synthetische Cannabinoid
Nabilon (CESAMET) bewertet,2 das in Großbritannien erhältlich ist.
Nach einer Umfrage in den USA, an der sich mehr als 1000 Onkologen beteiligten, soll Marihuana besser gegen zytostatikabedingtes Erbrechen wirken als das
isolierte Cannabinoid Dronabinol. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, mindestens einem ihrer Patienten das illegale Rauschmittel empfohlen zu haben.3
-5 In Australien dürfen Patienten seit kurzem auf ärztliche Verordnung Marihuana rauchen, wenn sie an einem Forschungsprogramm zum Nutzen von
Cannabis z.B. gegen Übelkeit durch Chemotherapie teilnehmen (a-t 2 [1995], 23).6
In Deutschland fallen Marihuana und Cannabis-Zubereitungen unter die Totalprohibition. Lockerungen gibt es neuerdings im Bereich des Konsums. Die Abgabe von
Cannabis, und dazu gehört auch die ärztliche Verordnung, ist nach wie vor verboten. Isoliertes THC ist zwar verkehrsfähig (beispielsweise für
Analysezwecke), darf aber nicht verordnet werden. Dagegen ist das THC-Derivat Nabilon verschreibungsfähig gemäß Anlage III des
Betäubungsmittelgesetzes. Es kann als Einzelimport aus Großbritannien bezogen werden, Red.
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