HUSTENBLOCKER FÜR KINDER? |
... Die Not der täglichen kinderärztlichen Praxis erfordert in gewissen Fällen die Verordnung von Hustenblockern. Sei es,
dass die Eltern wegen der gestörten Nachtruhe völlig entnervt sind, oder sei es, dass die Kinder völlig unausgeschlafen sind wegen nächtlicher
Hustenattacken ...
Nach Ihrem Artikel (a-t 3 [1998], 33) scheint Noskapin (CAPVAL) bei Kindern wegen seiner Mitosespindel-
schädigenden Wirkungen kontraindiziert zu sein. Gibt es etwas Entsprechendes, das die Kinder weniger gefährdet?...
Dr. med. P. BÜTTNER (Facharzt für Kinderheilkunde)
D-87700 Memmingen
Es mangelt an kontrollierten klinischen Studien zu Nutzen und Gefahren hustendämpfender Arzneimittel bei Kindern. Von Herstellern der in Deutschland
gängigen Hustenblocker erhalten wir auf Anfrage überwiegend Anwendungsbeobachtungen, die keine zuverlässige Bewertung erlauben. Keines der
Mittel ist frei von potentiellen Risiken. Pentoxyverin (SEDOTUSSIN u.a.) und Kodein (CODIPRONT u.a.) können Atemdepression, Dextromethorphan (WICK
FORMEL 44 Hustenstiller u.a.) und Clobutinol (SILOMAT u.a.) Übelkeit, Schwindel, Magen-Darmbeschwerden u.a. auslösen. Noskapin (CAPVAL) steht im
Verdacht, das Erbgut zu schädigen. Das beste Nutzen-Risiko-Verhältnis sehen wir beim verschreibungspflichtigen Kodein, korrekte Indikation und Dosis
vorausgesetzt. In der Klinik kann das zuverlässig wirkende Antitussivum bei schmerzhaft-quälendem Reizhusten angezeigt sein, z.B. im Rahmen einer
Pneumonie mit Pleuritis. Kinder unter 12 Monaten und mit Asthma dürfen aber wegen der atemdepressiven Effekte kein Kodein erhalten.
Äußerste Zurückhaltung scheint uns bei der Anwendung von Hustenblockern im ambulanten Bereich angebracht, da entweder Wirksamkeit oder
Sicherheit oder beides nicht hinreichend gewährleistet ist. Häufig liegen dem akuten Husten Virusinfekte zu Grunde, die innerhalb von Tagen von selbst
abklingen. Meist genügen zur Linderung symptomatische Maßnahmen wie Anfeuchten der Atemluft, warme Brustwickel, warmes Bad und reichlich Zufuhr
warmer Getränke. Abschwellende Nasentropfen beugen der Mundatmung vor. Die trockenere und kältere Atemluft bei Mundatmung setzt den
Schleimtransport deutlich herab. Bei stärkerem Reizhusten kann mehrmals tägliches Inhalieren physiologischer Kochsalzlösung hilfreich sein.
Ätherische Öle sind hingegen wegen möglicher zentraler Störwirkungen im Säuglings- und Kleinkindalter zu meiden.
Der hohe Umsatz an Hustenmedikamenten in der Bundesrepublik lässt nach Ansicht eines pädiatrischen Pneumologen darauf schließen, dass dem
Wunsch der Eltern, den Husten rasch medikamentös zu kurieren, zu häufig nachgegeben wird.1 Im Beratungsgespräch sind die Eltern auf
Gutartigkeit und selbstlimitierenden Verlauf der Erkrankung sowie die Möglichkeiten nichtmedikamentöser Linderung hinzuweisen. Kann man im Einzelfall
Eltern die Verordnung eines Hustenblockers nicht vorenthalten, erscheint uns bei Beachtung von Gegenanzeigen und Dosierung Kodein als Reservemittel
vertretbar, -Red.
1 SEIDENBERG, J.: Monatsschr. Kinderheilkd. 141 (1993), 893
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