FLECAINID (TAMBOCOR): STÖREFFEKTE AN LUNGEN, AUGEN UND ANDEREN ORGANEN |
Plötzliche Todesfälle und lebensbedrohliche proarrhythmische Ereignisse (a-t 5 [1984], 38) in Verbindung mit dem Antiarrhythmikum Flecainid
(TAMBOCOR) führten zur Indikationseinschränkung auf lebensbedrohliche Kammerarrhythmien (vgl. a-t 5 [1989], 51; 6 [1989], 56). In der CAST-Studie
(Cardiac Arrhythmia Suppression Trial) war die Sterblichkeit von Infarktpatienten mit ventrikulären
Arrhythmien ohne oder mit nur geringen Symptomen unter Flecainid bzw. Encainid (hierzulande nicht im Handel) mehr als doppelt so hoch wie unter
Plazebo.1,2
Das britische Committee on Safety of Medicines macht auf extrakardiale Störwirkungen von Flecainid aufmerksam: Von sechs neurologischen Reaktionen, die
innerhalb von 5 bis 28 Monaten nach Einnahmebeginn auftraten, betreffen vier Patienten mit sensorischer Neuropathie und zwei mit Ataxie. Nach Absetzen
besserten sich die Symptome nur teilweise. Drei Personen entwickelten Lungenfibrose bzw. Pneumonitis. Zwei hatten Flecainid länger als 15 Monate
eingenommen.3
Auch aus Frankreich5 und Belgien6 wird über Flecainid-assoziierte Pneumonitiden nach rund einjähriger Einnahme des Antiarrhythmikums
berichtet. Bei einem Patienten bildeten sich die interstitiellen Verschattungen in der Lunge zehn Wochen nach Absetzen von Flecainid zurück.5 Der
andere Patient verstarb trotz umfangreicher therapeutischer Bemühungen. Im Gewebe von Leber und Lunge fanden sich zwei Monate nach Absetzen des
Antiarrhythmikums meßbare Flecainid-Konzentrationen, die auf eine mögliche Kumulation als Ursache der Lungentoxizität
hinweisen.6
Bis zu rund ein Viertel der Patienten entwickelt unter Flecainid Sehstörungen. Es wird empfohlen, die Augen regelmäßig auf Ablagerungen zu
prüfen4: Bei zwei Personen fanden sich nach 4- bzw. 15monatiger Einnahme Ablagerungen in der Hornhaut des Auges. Bei einem deutet die
chromatographische Analyse darauf hin, daß es sich um eine Flecainidverbindung handelt.3,4
Von 24 Berichten, die unserem NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION in Verbindung mit Flecainid zugingen, entfallen 11 auf kardiale
Komplikationen, davon 7 tödliche (NETZWERK-Fälle 2569, 3165, 3182, 3183, 3235, 3692, 4753). Ferner wird uns berichtet über Epidermolyse-
ähnliche Symptomatik (Fall 1742), depressive Zustände (Fall 2889), Angst und Depression (Fall 3191), Diplopie mit vollständiger Wiederherstellung
der Sehkraft wenige Tage nach Absetzen (Fall 3184), Beeinträchtigung der Geruchsempfindung (Fall 3194), sensorische Aphasie und Amnesie bei
möglicher Wechselwirkung mit Verapamil (Fall 3185), asthmoide Beschwerden (Fall 3187), Somnolenz, Verwirrtheit, Desorientiertheit und Dyspnoe 5 Tage nach
der Ersteinnahme (positive Reexposition; Fall 3189) und Dyspnoe nach Dosiserhöhung (Fall 3192).
FAZIT: Unter der Langzeiteinnahme des Reserveantiarrhythmikums Flecainid (TAMBOCOR) sind neurologische Defekte, Ablagerungen in der Hornhaut des
Auges, Lungenschäden und Beeinträchtigungen anderer Organe zu beachten. Pneumonitiden in Verbindung mit Flecainid belasten die Patienten durch
zum Teil erhebliche diagnostische und therapeutische Maßnahmen, bevor an eine Schädigung durch Flecainid gedacht wird. Wir bitten um Mitteilung von
Zwischenfällen in Verbindung mit Flecainid an unser NETZWERK.
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