ASTHMA: FENOTEROL (BEROTEC)-DOSIERAEROSOL ALS TODESURSACHE ? |
Der Verdacht, die Verwendung von Asthmadosieraerosolen könne die Mortalität Asthmakranker erhöhen, stammt aus den 60er Jahren
(vgl. a-t 8 [1972], 34). Ende der 70er Jahre nahm in Neuseeland nach Einführung des Fenoterol (BEROTEC)-Dosieraerosols die Zahl von
Asthmatodesfällen zu. Die Hälfte der Verstorbenen verwendete Fenoterol-Dosieraerosole. Damit lag die Zahl der Todesfälle doppelt so hoch wie
erwartet, da dieser Wirkstoff im Erhebungszeitraum nur einen Marktanteil von einem Viertel hatte. Eine Fallkontrollstudie an über 100 in einem
Zweijahreszeitraum in Neuseeland verstorbenen Asthmapatienten zwischen 5 und 45 Jahren und 468 Kontrollpatienten stützt die Hypothese eines
Zusammenhangs von Fenoterol-Anwendung und Zunahme der Sterblichkeit.1
Die Inhalation von Fenoterol-Dosieraerosol erhöht nach den neuseeländischen Daten das Risiko, an Asthma zu sterben, auf das 1 1/2fache. Stärker
gefährdet scheinen Patienten unter 20 Jahren zu sein, deren Risiko sich durch Fenoterol verdoppeln soll. Für kein anderes Dosieraerosol findet sich eine
derartige Risikozunahme. Mit der Schwere des Asthmas, gemessen an vorherigen Klinikeinweisungen oder dem Kortikoidbedarf, steigt zusätzlich das
Mortalitätsrisiko.
Als verhängnisvoll erweist sich die wiederholte Anwendung hoher Dosen eines vergleichsweise lang und wenig selektiv wirkenden Beta2-Agonisten im akuten
Anfall. Hypokaliämie sowie kardiale Störwirkungen sind unter Fenoterol häufiger als unter Salbutamol (SULTANOL u.a.) oder Terbutalin (BRICANYL
u.a.),2 vor allem in Verbindung mit Hypoxämie.
Studiendesign und -ausführung sind Gegenstand einer Kontroverse. Beanstandet wird, daß lediglich die vom Arzt verordneten
Arzneimittel abgefragt wurden und nicht die vor dem tödlichen Ereignis tatsächlich verwendeten Arzneimittel. Doch dürfte die aktuelle Medikation bei
Verstorbenen nicht mit gleicher Zuverlässigkeit erhoben werden können wie bei lebenden Kontrollpersonen.3 In Frage gestellt wird
ferner die Vergleichbarkeit der Kontrollgruppe hinsichtlich des Schweregrads der Erkrankung. Schließlich könnten die Verstorbenen gerade deshalb
Fenoterol bekommen haben, weil bei ihnen die Erkrankung besonders stark ausgeprägt war.4 Auch Unterschiede bei der Datenerhebung
zwischen Fällen und Kontrollen durch "nichtblinde" Erheber könnten das Ergebnis beeinflußt haben.5 Eine zweite
Studie der gleichen Autoren, in der Bedenken gegen das Design der Vorläuferstudie berücksichtigt wurden, stützt die Ergebnisse der
Ersterhebung.6
Während hierzulande die Fenoterol-Kontroverse als "falscher Alarm" und "Fall Neuseeland" abgetan wird,7 warnten die
neuseeländischen Gesundheitsbehörden zunächst in einem "Dear-Doctor"-Brief:8 ... "Der (Lancet- [Red.]) Artikel deutet auf
ein erhöhtes Sterberisiko für Asthmapatienten hin, die Fenoterol-Dosieraerosol erhalten und deren Erkrankung schwer ist oder die gleichzeitig orale
Kortikoide einnehmen...". In Australien empfiehlt das Arzneimittelkomitee die Indikationen des dort rezeptfrei erhältlichen Dosieraerosols auf mildes bis
mittelschweres Asthma einzuschränken.9
FAZIT: Fallkontrollstudien deuten auf ein erhöhtes Risiko für Asthmatiker hin, die das Beta2-Sympathomimetikum Fenoterol (BEROTEC, in
BERODUAL, DITEC) als Dosieraerosol inhalieren, an ihrer Erkrankung zu sterben. Eine ähnlich ausgeprägte Gefährdung wurde für andere,
ebenso effektive Dosieraerosole wie Salbutamol (SULTANOL u.a.) nicht beobachtet. Unveröffentlichte Daten einer vergleichenden Untersuchung aus
Großbritannien bestätigen den Verdacht häufigerer kardialer Störwirkungen und von Hypokaliämien unter Fenoterol.10
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