LAVENDELÖLPRÄPARAT LASEA: SPITZNER KOMMENTIERT
a-t-BEITRAG (a-t 2011, 42: 31-2)
Die Märzausgabe des arznei-telegramm war noch kaum
ausgeliefert, da hatten Apotheken bereits einen dreiseitigen Kommentar der
Firma Spitzner in ihrem Faxgerät (Link zur Dokumentation des Kommentars
siehe unten). Grund ist ein kritischer Beitrag zum Lavendelölpräparat
LASEA, das Spitzner seit Februar 2010 rezeptfrei zur Behandlung von
"Unruhezuständen bei ängstlicher Verstimmung" vermarktet (a-t 2011; 42:
31-2; Link zum Beitrag siehe unten). Genügend Zeit für eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit den kritischen Einwänden des a-t-Beitrags hatten
die Kommentatoren jedoch offensichtlich nicht. So werden die im a-t
detailliert dargelegten Mängel der vollständig publizierten Studien zu
LASEA ohne ein einziges inhaltliches Argument pauschal geleugnet. Die
Dürftigkeit dieser schlichten Behauptung spricht für sich.
Dem a-t wird vorgeworfen, zwei weitere "kontrollierte
Studien", die in einem "aktuellen Review" publiziert worden sind,
unerwähnt gelassen zu haben. Kurzreferate von Studien innerhalb von
Reviews wie dem von der Firma erwähnten (1) sind keine vollständigen
Publikationen im Sinne der evidenzbasierten Medizin. Sie lassen eine
kritische Bewertung nicht zu und sind daher für die Einschätzung von
Nutzen und Schaden eines Arzneimittels im a-t in der Regel ohne Bedeutung,
insbesondere wenn solche Reviews unter Beteiligung von Firmenmitarbeitern
entstanden sind. Im Übrigen handelt es sich laut Review (1) - anders als
von Spitzner behauptet - nur bei einer der beiden Studien um eine
"kontrollierte" Studie, in der zweiten gab es keine Kontrollgruppe. Es
zeigt sich hier einmal mehr, wie nachlässig der Kommentar erstellt wurde,
will man nicht von gezielter Desinformation ausgehen.
Auch bei der eklatanten Überzeichnung der Häufigkeit von
so genannten "subsyndromalen Angststörungen" im Spitzner-Kommentar
("Prävalenz bis zu 44%"!) bleibt unklar, ob Nachlässigkeit oder Absicht im
Spiel ist - angesichts der Erwartung eines großen Absatzmarktes. In der
von der Firma als Quelle angegebenen "hochrangig publizierte(n)
Veröffentlichung" (Lit. 2 im Kommentar) findet sich diese Angabe zwar,
jedoch nicht bezogen auf die Häufigkeit subsyndromaler Angststörungen (2).
Die Prozentzahl stammt aus einer kleinen Studie mit 95 kranken älteren
Menschen und bezieht sich auf subsyndromale psychische Störungen dieser
Patienten insgesamt, einschließlich subsyndromaler Depression und
Alkoholproblemen (2,3). Was immer im Hinblick auf Häufigkeit und klinische
Bedeutung "subsyndromaler Angststörungen" an Fragen ungeklärt ist, eines
lässt sich mit Sicherheit sagen: Ein Nutzen des Lavendelölpräparates LASEA
zur Prävention des Übergangs einer "subsyndromalen" in eine "syndromale
Erkrankung" ist nicht nachgewiesen. Auf diese Frage waren die vorliegenden
kleinen Kurzzeitstudien gar nicht angelegt.
Den vom a-t zitierten Studien und Fallberichten zu
möglichen genotoxischen und hormonellen Wirkungen von Lavendelöl tritt die
Firma mit unpublizierten internen Forschungsberichten entgegen. Eine
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit solchen Schubladenstudien ist
nicht möglich. Es wäre von größtem wissenschaftlichen und praktischen
Interesse, wenn firmeninterne Daten grundsätzlich veröffentlicht würden.
Unsere Bewertung der Nutzen-Schaden-Bilanz von
LASEA bleibt negativ. Wir raten von der Anwendung ab.
| 1 |
KASPER, S. et al.: Wien. Med. Wochenschr. 2010; 160: 547-56
|
| 2 |
VOLZ, H.P. et al.: J. Neurol. Neurochir. Psychiatr. 2009;
10: 1-6 |
| 3 |
AREAN, P.A., ALVIDREZ, J.: Int. J. Psychiatry Med. 2001;
31: 9-24 |
Dokumentation:
a-t 2011;
42: 31-2:
http://www.arznei-telegramm.de/blitz-pdf/a-t1103_Lavendeloel.pdf
Spitzner
Arzneimittel: Schreiben vom 8. März 2011:
http://www.arznei-telegramm.de/blitz-pdf/Dokumentation_Spitzner_LASEA.pdf
P.S. Ein Kollege erinnert an das
Heilmittelwerbegesetz.. Im Paragraphen 10 (2) heißt es dort:
"Für Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, bei Menschen die
Schlaflosigkeit oder psychische Störungen zu beseitigen oder die
Stimmungslage zu beeinflussen, darf außerhalb der Fachkreise nicht
geworben werden."
Nach unserer Bewertung verstößt demnach die
Werbung für LASEA in Laienmedien wie Hörzu gegen die gesetzlichen
Regelungen. Wir erwarten, dass die zuständige Landesbehörde
(Regierungspräsidium Karlsruhe, Baden-Württemberg) tätig wird.
© Redaktion arznei-telegramm, blitz-a-t 9. März 2011