BETABLOCKER: NUR ZWEITE WAHL BEI ARTERIELLER HYPERTONIE? |
Eine 2004 veröffentlichte Metaanalyse zum Nutzen von Atenolol (TENORMIN u.a.) bei arterieller Hypertonie lässt trotz methodischer
Mängel erkennen, dass die Beleglage für diesen Betablocker schlechter ist als für niedrig dosierte Diuretika.1 Der Wert anderer Wirkstoffe
dieser Klasse wie Metoprolol (BELOC u.a.) ist aufgrund der geringen Datenbasis schwer beurteilbar (a-t 2004; 35: 138-
9). Die Autoren erweitern ihre Analyse jetzt in einer systematischen Übersicht auf alle Betablocker-Studien zu arterieller Hypertonie, in denen die Effekte
von Betablockern zu messen sind.2 Die Daten aus 13 Verumvergleichen mit insgesamt 106.000 Patienten sowie aus 7 Studien mit Plazebo oder ohne
Vergleichstherapie mit 27.400 Patienten werden zu Mortalität, Schlaganfall- und Herzinfarktrate ausgewertet.* An den Studien haben zwischen 100 und 22.500
Patienten teilgenommen, die Beobachtungszeiten liegen zwischen 2,1 und 10 Jahren.
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Insgesamt 18 Studien werden ausgewertet. In 2 dieser Arbeiten werden sowohl Verum- als auch Plazebovergleiche
durchgeführt.
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Für die Gesamtgruppe aller Betablocker im Vergleich zu "anderen Antihypertensiva" erhöht sich nach diesen Berechnungen das Risiko eines
Schlaganfalls (relatives Risiko [RR] 1,16; 95% Konfidenzintervall [CI] 1,04-1,30). Herzinfarktrate (RR 1,02; 95% CI 0,93-1,12) und Gesamtmortalität (RR 1,03;
95% CI 0,99-1,08) unterscheiden sich nicht.2 Ob die Berechnungen valide sind, erscheint fraglich: In der Analyse kommt Daten aus Studien, die wegen
offenen Designs3 (a-t 2005; 36: 85-6) und Unterschieden in der Blutdruckeinstellung3,4 (a-t 2002; 33: 35-6) in der Kritik stehen, eine gewichtige Rolle zu. Gegenüber Plazebo senken Betablocker das
Insultrisiko um ca. 19% (RR 0,81; 95% CI 0,71-0,93). Herzinfarkte und Gesamtsterblichkeit werden nicht signifikant reduziert.2
Werden nur jene Studien ohne Atenolol ausgewertet, also mit Betablockern, die in der älteren Metaanalyse unberücksichtigt blieben, zeigt sich im
Vergleich mit anderen Hochdruckmitteln in keinem Endpunkt ein Unterschied - bei allerdings schwacher Datenbasis: Nur drei Studien mit Propranolol (DOCITON
u.a.) mit insgesamt 9.000 Patienten gehen in den Vergleich mit anderen Antihypertensiva ein.2
Wesentliche neue Aspekte können wir aus der aktuellen Metaanalyse nicht ableiten. Die Autoren stufen zwar nunmehr sämtliche Betablocker als Mittel
der zweiten Wahl ein. Dieses Fazit wird jedoch durch die vorgelegten Analysen nicht adäquat untermauert: 14 der 18 Studien sind mit Atenolol
durchgeführt worden, das möglicherweise schlechter vor kardiovaskulären Ereignissen schützt als andere Betablocker. Direkte Vergleiche
zwischen Diuretika oder neueren Antihypertensiva mit Standard-Betablockern wie Metoprolol sind Mangelware und lassen eine zuverlässige Bewertung nicht
zu. Hinweise, dass die Unterschiede zwischen verschiedenen Betablockern von klinischer Relevanz sein können, existieren nach Daten aus einer älteren
Studie schon lange.5,6
An unserer grundsätzlichen Bewertung zur antihypertensiven Therapie ändert sich nichts: Niedrig dosierte Thiaziddiuretika oder Chlortalidon (HYGROTON)
bleiben Mittel der ersten Wahl. Undifferenziertes Umsetzen von Betablockern auf andere Antihypertensiva ist nicht begründbar. Zudem werden sie von einem
Teil der Patienten wegen anderer zusätzlicher Indikationen (Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit) benötigt.
Nach einer neuen Metaanalyse kommt es bei der Hochdruckbehandlung mit
Betablockern häufiger zu Schlaganfällen als unter anderen Antihypertensiva.
Die Daten stammen fast ausschließlich aus Studien mit Atenolol (TENORMIN
u.a.), die zudem zum Teil wegen methodischer Mängel in der Kritik stehen. Für "Nicht-Atenolol"-Betablocker ist die Datenlage für
gesicherte Schlussfolgerungen zu dünn.
Ein Vorteil neuerer Antihypertensiva gegenüber der Gesamtgruppe der
Betablocker ist nicht belegt.
| | | (R = randomisierte Studie, M =
Metaanalyse)
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M | 1 | CARLBERG, B. et al.:
Lancet 2004; 364: 1684-9 |
M | 2 | LINDHOLM, L.H. et al.:
Lancet 2005; 366: 1545-53 |
R | 3 | DAHLÖF, B. et al.:
Lancet 2005; 366: 895-906 |
R | 4 | DAHLÖF, B. et al.:
Lancet 2002; 359: 995-1003 |
| | 5 | WRIGHT, J.M.: JAMC 2000; 163: 188-
92 |
R | 6 | WILHELMSEN, L. et al.:
J. Hypertens. 1987; 5: 561-72 |
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