Neues zu Serrapeptase (ANIFLAZYM): In a-t 10 (1990), 90 und 6 (1991), 56 berichteten wir über schwerwiegende Haut- und
Lungenerkrankungen und andere Komplikationen nach Serrapeptase (ANIFLAZYM), einem Enzympräparat, das von den Firmen Dr. Madaus/Takeda Pharma
als Antiphlogistikum angeboten wird. In einem nicht als Rote-Hand-Brief erkenntlichen Rundschreiben vom 3. Sept. 1991 geben die Anbieter eine
"Änderung der Gebrauchsinformation nach Verdachtsfällen schwerwiegender Haut- und Lungenreaktionen" bekannt und distanzieren sich
hiermit von einer älteren Produktbeschreibung, in der es noch hieß: "In keinem Fall" seien "ernste Zwischenfälle" beobachtet
worden. Im Abschnitt Nebenwirkungen des Beipackzettels heißt es jetzt: "Vereinzelt sind beobachtet worden: Magenbeschwerden wie z.B. Übelkeit
und Appetitlosigkeit; Überempfindlichkeitsreaktionen wie z.B. Exanthem (Hautausschlag) und Urtikaria (Nesselsucht). In Einzelfällen sind schwere Haut-
(STEVENS-JOHNSON-Syndrom, LYELL-Syndrom) und Lungenreaktionen (LÖFFLER-Syndrom, Pneumonitis) beobachtet worden." Laut Dr.
Madaus/Takeda Pharma können die in Japan und Deutschland aufgetretenen Komplikationen "als gemeinsame pathophysiologische Grundlage eine
Immunreaktion beinhalten". Über ein lebensbedrohlich verlaufendes LYELL-Syndrom bei einem 18jährigen Mann mit invalidisierenden Folgen
(100%ige Sehuntüchtigkeit wegen Hornhautnarben) war Madaus 1987 informiert worden. Das Unternehmen weigerte sich, diesen Verdachtsfall an das
Bundesgesundheitsamt weiterzuleiten, weil noch andere Pharmaka als Ursache in Frage gekommen wären. Der Madaus-Verantwortliche Prof. Dr. R. FRIEDEL
empfahl statt dessen einen Provokationstest mit ANIFLAZYM unter Klinikbeobachtung eine Maßnahme, die wir wegen nicht abschätzbarer Risiken
als Kunstfehler ansehen. Wir haben den Vorfall (NETZWERK-Fall 4851) mit dem Antrag auf Ruhen der Zulassung von ANIFLAZYM dem Bundesgesundheitsamt zur
Kenntnis gegeben. ANIFLAZYM hat wie andere Enzympräparate keine hinreichend erwiesene Wirksamkeit bei traumatisch oder entzündlich bedingten
Schwellungen (SCHULTE-SASSE, H. et al.: intern. praxis 27 [1987], 368). Risiken sind hingegen dokumentiert. Dies erzwingt u.E. ein Vermarktungsverbot, auf jeden
Fall aber den Verzicht auf Anwendung des Mittels.
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