HIV-Infektionen nach Hepatitis-Impfstoff HEVAC B und PPSB Immuno: Auf Anraten des Arbeitgebers ließ sich 1982/1983 eine
damals 26jährige MTA dreimal mit dem Impfstoff HEVAC B gegen Hepatitis B impfen. Zur diagnostischen Abklärung einer Lymphknotenschwellung suchte
die junge Frau 1987 eine Klinik auf. Ursache der Erkrankung war eine HIV-Infektion, die sie sich durch die HEVAC B Vakzine (Institut Pasteur) zugezogen haben
kann (NETZWERK-Fall 5884).
Für Hepatitis-B-Impfstoffe wurden bis 1983 Humanplasmen von US-amerikanischen Spendern, auch von Homosexuellen und AIDS-Kranken,
verwendet.1 Aus gleichem Ausgangsmaterial wurden Hepatitis B-Immunplasma und andere Plasmafraktionen wie Faktor VIII-Konzentrate, Faktor IX-Komplex
und Albumin hergestellt. Im Juli 1983 bestand in Deutschland für den französischen Hepatitis B-Impfstoff HEVAC B (Pasteur) ein vorübergehendes
Einfuhrverbot, da die in erheblichen Mengen über AMG § 73, Abs. 3 aus Frankreich importierte Vakzine bedenklich erschien. Nach Applikation der Charge
010 waren in der Verträglichkeitstestung an Affen Leberentzündungen aufgetreten. Das Ausgangsmaterial der Charge enthielt erstmals US-Importplasma
aus dem Blut bezahlter und möglicherweise AIDS-infizierter Spender. Die Charge 011 von HEVAC B stufte das Paul-Ehrlich-Institut als bedenklich ein. Es
bestanden Anhaltspunkte, daß bei bestimmungsgemäßer Anwendung schädliche, nicht vertretbare Wirkungen entstehen. Diese Charge war ab
März 1983 in Frankreich verfügbar und durfte in der Bundesrepublik nicht mehr vertrieben werden.2 Danach war HEVAC B vorübergehend
nicht lieferbar. Der Impfstoff HB-VAX der Firma MSD soll durch drei Reinigungsschritte erregerfrei gewesen sein, obwohl man zu diesem Zeitpunkt das HI-Virus noch
nicht isoliert hatte. Bedenken, die erworbene Immunschwäche (AIDS) könne durch die Hepatitis-Impfung verbreitet werden, trat das Bundesamt für
Sera und Impfstoffe (Paul-Ehrlich-Institut) entgegen. Es habe keine Zweifel an der Unschädlichkeit der in Deutschland zugelassenen Impfstoffe.3
In einer Hamburger Klinik bekam wegen Gerinnungsstörungen ein 1983 43jähriger Patient vor einer geplanten Laparoskopie dreimal das
PPSB-Konzentrat PROTHROMPLEX der Firma Immuno. Das nicht-virusinaktivierte PROTHROMPLEX kam im Oktober 1984 außer Handel. Für eine 1989
zufällig entdeckte HIV-Infektion des Patienten muß das Immuno-Präparat als Infektionsquelle gelten (NETZWERK-Fall 5885).
Bei Redaktionsschluß erfahren wir von weiteren sechs Patienten mit positivem HIV-Test nach PPSB "Behring". Wir empfehlen, sorgfältig die
Vorgeschichte zu erheben und bei Kenntnis von der Anwendung von HEVAC B oder PPSB-Konzentraten im Zeitraum vor 1985, die Möglichkeit einer HIV-
Infektion (z.B. unklare Lymphknotenschwellung) in diagnostische Überlegungen einzubeziehen und ggf. mit den Patienten eine vorsorgliche HIV-Testung zu
erwägen. Wir bitten um Mitteilung entsprechender Beobachtungen an das NETZWERK (Meldebogen auf dem Briefumschlag dieser Ausgabe).
1 | Scrip 774 (1983), 15 |
2 | chemotherapie-telegramm 6 (1983), 62, 69 |
3 | BREDE, H. D.: Dtsch. med. Wschr. 108 (1983), 1373 |
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