WHO warnt vor Lobbyisten
Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt aktuell Regierungen und Öffentlichkeit vor Beeinflussungen durch Lobbyisten der Tabakindustrie.1 Diese zielen darauf ab, globale Maßnahmen zu schwächen, die den Tabakkonsum eindämmen sollen. Konkret warnt die WHO auch vor Methoden, die über die bloße Lobbyarbeit hinaus gehen: Desinformationen, die von den beträchtlichen gesundheitlichen Risiken des Rauchens ablenken sollen (vgl. e a-t 11/2017), Förderung irreführender Forschung und Fortbildung (vgl. e a-t 7/2024b), Tarnorganisationen, die sich als Verbrauchervereinigungen ausgeben sowie Einflussnahmen auf die Auswahl von Delegierten, die mit Tabakkonzernen sympathisieren, um bei Tagungen auf die Diskussion im Interesse der Tabakindustrie einzuwirken.1 Deutschland ist als einkommensstarkes Land eine maßgebliche Rolle angelastet worden, die Vereinbarungen der WHO-Rahmenkonvention zur Eindämmung tabakbedingter gesundheitlicher und gesellschaftlicher Schäden (FCTC)2 zu untergraben und zu schwächen.3 Die deutsche Politik sollte sich daher durch die deutlichen Warnungen der WHO besonders angesprochen fühlen. Zwar ist Deutschland – wie insgesamt 183 Vertragspartner weltweit – dem bereits vor 20 Jahren in Kraft getretenen Rahmenübereinkommen beigetreten. Eine effektive Firewall gegen den Einfluss der Tabakindustrie zum Schutz der Bevölkerung vor den schädlichen Produkten fehlt jedoch nach wie vor.4,5 So ist es der Tabakindustrie gelungen, Werbeeinschränkungen mehr als ein Jahrzehnt zu verzögern. Und das im Artikel 13 der Rahmenkonvention2 vorgesehene Verbot des Tabaksponsorings ist bis heute nicht umgesetzt. Hierzulande setzen sich nach einer Auswertung aus dem Jahr 2023 mehr als 30 Unternehmen mit mindestens 90 Lobbyisten für die Interessen der Tabak- und E-Zigaretten-Industrie ein.5 Andererseits werden jährlich rund 130.000 Todesfälle – also jeder 7. Todesfall – dem Tabakkonsum angelastet.6 Nicht überraschend steht Deutschland im Ranking des Tabaklobbyindexes mit 70 (von 100 möglichen) Negativpunkten unter 90 erfassten Staaten zwischen Paraguay und Laos im unteren Drittel.4 Die Tabakindustrie ist kein Einzelfall. Der UN-Generalsekretär António GUTERRES hat bereits 2022 Klartext gesprochen und auf Parallelen verwiesen: Mit „genau denselben skandalösen Taktiken wie die Tabakindustrie“ investieren Anbieter fossiler Energien massiv in Pseudowissenschaft und manipulierende Öffentlichkeitsarbeit, um eine ambitionierte Klimapolitik zu untergraben.7 Lobbyisten mögen zwar branchenspezifisches Fachwissen in Diskussionen einbringen können, aber jegliche Beeinflussung von Politik und Zivilgesellschaft, die im Wesentlichen den finanziellen Interessen der vertretenen Konzerne dient, muss unterbunden werden. Gezielte Falschinformationen zum Nachteil der öffentlichen Gesundheit bzw. der Umwelt erachten wir als kriminell, –Red.
© 2025 arznei-telegramm, publiziert am 14. November 2025