INDIEN SCHRÄNKT EXPORT VON 13 WIRKSTOFFEN EIN
Mit sofortiger Wirkung blockiert das indische Ministerium
für Handel und Industrie den Export von 13 Wirkstoffen sowie entsprechenden Präparaten*.1 Mit dieser Maßnahme will Indiens Regierung die Versorgung der eigenen Bevölkerung trotz der
durch die Coronavirus-Pandemie bedingten Produktionsausfälle sicherstellen. Indien ist nicht nur ein wichtiger Arzneimittellieferant für Europa und andere Regionen der Welt, sondern bezieht selbst 70%
der verarbeiteten Wirkstoffe aus China.2,3
Betroffen von der Maßnahme sind die Wirkstoffe
Aciclovir, Chloramphenicol, Clindamycin, Erythromycin, Metronidazol, Neomycin, Ornidazol, Parazetamol, Progesteron, Tinidazol sowie die Vitamine B1, B6 und
B12,1 also auch relevante Arzneimittel. Sollten Produktionsstätten in anderen Ländern die durch das Exportverbot entstehenden Lieferausfälle nicht auffangen können, könnte es in
einigen Bereichen eng werden, beispielsweise in der Selbstmedikation mit Analgetika. Denn die seit Monaten anhaltenden Versorgungsprobleme mit Ibuprofen (a-t 2019; 50: 110-2) sind
immer noch nicht behoben. Auch ist Indien ein wesentlicher Produzent beispielsweise für das Antibiotikum Erythromycin. Der Exportbann kann somit längerfristig die hierzulande bereits bestehenden
Lieferdefizite (a-t 2020; 51: 6) verstärken.
Die beträchtliche Abhängigkeit der indischen
Arzneimittelproduktion von China lässt international nicht nur Versorgungsprobleme, sondern auch Preissteigerungen befürchten,3 zumal sich die Coronavirus-Pandemie weiter ausbreitet.
Sorgen bereitet auch, dass in Indien ursprünglich eine Exportsverbotsliste mit 58 Medikamenten und Wirkstoffen erstellt worden ist, deren Produktion von chinesischer Ware abhängt.4 Eine
Ausweitung des Exportverbots erscheint daher möglich.
Die Situation macht deutlich, wie stark inzwischen die
Versorgung mit Arzneimitteln in Deutschland, Europa und vielen Teilen der Welt von Lieferungen aus dem asiatischen Raum abhängt. Die Notwendigkeit, die Produktion relevanter Arzneimittel nach
Deutschland oder Europa zurückzuverlagern, wird immer drängender. Mit Mehrkosten durch Rückverlagerungen werden wohlhabende Industrieländer wohl leben können und müssen. Gesicherte Qualität
und zuverlässige Versorgung mit Arzneimitteln sind jedoch wichtiger, als die Preise so niedrig wie möglich zu drücken. Billigproduktionen im asiatischen Bereich beruhen im Wesentlichen auf Niedriglöhnen,
geringen behördlichen Vorschriften und minimalen Umweltauflagen (a-t 2018; 49: 73-5). Die Konsequenzen solcher nicht nachhaltiger Produktionsbedingungen dürften über kurz oder
lang ohnehin auf die reicheren Bestellländer zurückfallen. Schließlich leben wir alle auf demselben Planeten, –Red.
© 2020 arznei-telegramm, publiziert am 5. März 2020