MISSBRAUCH DER ANTIHISTAMINIKA DIPHENHYDRAMIN UND DIMENHYDRINAT
Die französische Arzneimittelbehörde ANSM warnt vor der missbräuchlichen Verwendung der Altantihistaminika Diphenhydramin (DPH; EMESAN u.a.) und Dimenhydrinat (VOMEX A u.a.),1 einer Molekülverbindung von Diphenhydramin und 8-Chlortheophyllin. Von 2003 bis Mai 2014 haben französische Pharmakovigilanzzentren 59 entsprechende Berichte erfasst, vor allem zu Übergebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit. Überwiegend sind männliche Jugendliche und junge Erwachsene betroffen (Durchschnittsalter 33 Jahre).2
Das Missbrauchspotenzial von Diphenhydramin und Dimenhydrinat ist seit Jahren bekannt.3,4 Im Internet finden sich in Foren zu "legalen Drogen" zahlreiche Erfahrungsberichte zu "DPH-Trips" oder "EMESAN-Trips". Die Einnahme der Antihistaminika mit Alkohol kann die Wirkung in nicht vorhersehbarer Weise verändern und verstärken.5 Zum Teil werden gleichzeitig andere Arzneimittel eingenommen wie das Hustenmittel Dextromethorphan (SILOMAT DMP u.a.), das schon vor 50 Jahren wegen Sucht und kriminellen Missbrauchs in den Schlagzeilen stand (a-t 1998; Nr. 2: 27-8).
Die beiden H1-Antihistaminika wirken deutlich sedierend, sind als Schlafmittel bzw. Antiemetika zugelassen und ohne Rezept erhältlich. Typische Folgen einer Überdosierung sind anticholinerge Effekte einschließlich Mydriasis, Trockenheit von Mund und Haut, Fieber, Krampfanfälle, Tachykardie und Herzrhythmusstörungen. Hochdosierungen, etwa von 250 mg oder 300 mg,6 wirken auch erregend auf das Zentralnervensystem mit Euphorie und Wahrnehmungsveränderungen einschließlich akustischen und optischen Halluzinationen. Verlässliche Daten zum Ausmaß der missbräuchlichen Verwendung fehlen, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, ob sich der rezeptfreie Verkauf weiterhin rechtfertigen lässt. Allerdings weisen jährlich mehr als 100 Berichte zu Suizidversuchen in Verbindung mit Diphenhydramin in der UAW-Datenbank des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)7 auf ein weiteres Problem hin, das einer Rezeptfreiheit unseres Erachtens entgegensteht, -Red.
© 2016 arznei-telegramm, publiziert am 15. April 2016