ENDLICH: APPETITHEMMER SIBUTRAMIN (REDUCTIL) VOM MARKT
Die europäische Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt seit Januar 2010 das Ruhen der Zulassung des Appetithemmers Sibutramin (REDUCTIL). Die Behörde zieht damit die Konsequenzen aus einer Sicherheitsüberprüfung, nach der die Risiken des Mittels seinen Nutzen überwiegen. Anlass für die Überprüfung sind die Ergebnisse der randomisierten Langzeitinterventionsstudie SCOUT**.1 In dieser Studie, an der rund 10.000 übergewichtige Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung oder Typ-2-Diabetes und mindestens einem weiteren kardiovaskulären Risikofaktor teilgenommen haben, erleiden Sibutraminanwender signifikant häufiger eine schwere kardiovaskuläre Komplikation (Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzstillstand oder kardiovaskulär bedingten Tod) als Plazeboanwender (11,4% vs. 10%; Hazard Ratio 1,161, 95% Konfidenzintervall 1,029-1,311; Number needed to harm = 71; a-t 2009; 40: 110).2 Die nach wie vor nicht vollständig publizierte Studie bestätigt den schon seit Markteinführung vor zehn Jahren bestehenden Verdacht einer erhöhten kardiovaskulären Gefährdung durch den Appetithemmer, der Blutdruck und Puls steigern kann (a-t 1999; Nr. 2: 23-4 und 2003; 34: 88). Die durch Sibutramin erzielte Gewichtsabnahme ist nach Einschätzung der EMA dagegen verhältnismäßig gering, die Nutzen-Schaden-Bilanz daher negativ.1 Die Zulassung soll ruhen, solange keine neuen Daten beigebracht werden, die es erlauben, Anwender mit klarer positiver Nutzen-Schaden-Bilanz zu identifizieren.3 Erfahrungsgemäß bedeutet eine solche Maßnahme jedoch das endgültige Aus des Produkts. Der Sibutraminanbieter Abbott kündigte unmittelbar nach Bekanntwerden der EMA-Entscheidung an, die Vermarktung von Sibutramin in der EU auszusetzen.4 In Deutschland wurde das Mittel inzwischen aus den Apotheken zurückgerufen.5
© 2010 arznei-telegramm, publiziert am 12. Februar 2010