Wie entwickelt sich die Lebenserwartung bei Hämophilie mit angeborenem Faktor-VIII-Mangel? Vermutlich bessere Behandlungsmethoden
ließen die Lebenserwartung von Personen mit klassischer Hämophilie (Hämophilie A, Faktor-VIII-Mangel) von 1941 bis 1980 in den Industrienationen
signifikant ansteigen. Mit der generellen Verfügbarkeit lyophylisierter Faktor-VIII-Konzentrate stieg sie insbesondere von 1971 bis 1980 an. In dieser Dekade
wurde eine mittlere Lebenserwartung von annähernd 68 Jahren erreicht. Im Vergleich zur US-amerikanischen Normalbevölkerung kann bei schwerem
Faktor-VIII-Mangel die Sterblichkeit bis zum 6fachen erhöht sein, während mäßig betroffene Personen eine annähernd normale
Lebenserwartung haben können. Jetzt ist der Trend gegenläufig. Von 1981 bis 1990 hat sich die Prognose der klassischen Hämophilie dramatisch
verschlechtert. Insbesondere Patienten mit hohem Faktor-VIII-Bedarf laufen das Risiko, an einer durch Plasmaderivate übertragenen HIV-Infektion zu
erkranken. So fiel die Lebenserwartung in den 80er Jahren gegenüber der Vordekade auf 49 Jahre. Betroffen ist besonders die Altersgruppe zwischen 15 und
34 Jahren. Von 52 zwischen 1981 bis 1990 verstorbenen Personen waren 26 an AIDS erkrankt (22 litten an hochgradigem, einer an mäßigem und drei an
gering ausgeprägtem Faktor VIII-Mangel). Das Durchschnittsalter der an AIDS Verstorbenen betrug 33 Jahre (Spannbreite 8 bis 71 Jahre). Wann der Gipfel der
AIDS-bedingten Mortalität erreicht sein wird, läßt sich bei der unterschiedlichen Inkubationszeit und der ungewissen Überlebenszeit der
Betroffenen nicht vorausbestimmen (JONES, P. K., O. D. RATNOFF: Ann. Intern. Med. 114 [1991], 641).
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