VALPROINSÄURE (ORFIRIL U.A.): PUBERTAS PRAECOX UND ENDOKRINE EFFEKTE |
Das niederländische Pharmakovigilanzzentrum (Lareb) berichtet über vier Mädchen im Alter von acht Monaten bis acht Jahren, die nach
längerer Einnahme des Antiepileptikums Valproinsäure (ORFIRIL u.a.) vorzeitig Zeichen der Pubertät erkennen lassen.1 Eines der
Mädchen hat schwere Schäden des zentralen Nervensystems und erhielt weitere Arzneimittel, die zu der Störwirkung beigetragen haben
könnten. Bei der WHO fällt Valproat mit 17 von insgesamt 86 Berichten als häufigster Auslöser von Pubertas praecox auf. Betroffen sind fast
ausschließlich Mädchen. Carbamazepin (TEGRETAL u.a.) liegt mit 12 Berichten an zweiter Stelle.1
Unter Valproat ist aber auch ein Stillstand der pubertären Entwicklung bei einem zehnjährigen Mädchen mit Anfallsleiden beschrieben, verbunden mit
Gewichtsabnahme und vermindertem Größenwachstum.2
Die endokrinen Effekte des Antiepileptikums auf das reproduktive System erwachsener Frauen werden seit den 1990er Jahren untersucht. Es verstärkt die
Wirkung des Transmitters GABA im Gehirn. Dieser beeinflusst die Hormonsekretion von Hypothalamus und Hypophyse. Epilepsie wird zwar selbst mit endokrinen
Veränderungen in Zusammenhang gebracht. Das Auftreten endokriner Störwirkungen unter Valproat bei Patientinnen ohne Krampfanfälle und in
Tierstudien spricht aber gegen einen wesentlichen Einfluss der Erkrankung.3,4 Dagegen könnten metabolische Nebenwirkungen wie
Gewichtszunahme, Hyperinsulinismus und erhöhtes Leptin eine Rolle spielen.3,5 Im Vordergrund der endokrinen Effekte stehen Zyklusanomalien und
Menstruationsbeschwerden, oft verbunden mit Hyperandrogenismus und dem Syndrom des polyzystischen Ovars.3,4 Letztere treten vor allem dann auf,
wenn das Antiepileptikum bereits vor dem 20. Lebensjahr eingenommen wird.3 Bei Mädchen lassen sich unter Valproat bereits vor und während
der Pubertät erhöhte Androgen- und Testosteronspiegel feststellen.3,4
Unter den Antiepileptika Valproinsäure (ORFIRIL u.a.) und
Carbamazepin (TEGRETAL u.a.) ist überwiegend bei Mädchen vorzeitige Pubertät beschrieben.
Auf endokrine Störwirkungen ist zu achten. Alternativen sind gegebenenfalls
zu prüfen.
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