HÄMEISEN (HEMFERIN) BESSER ALS STANDARD-EISENPRÄPARATE? |
Was ist von der Werbung für Hämeisen (HEMFERIN) zu halten? Taugt das Hämeisen tatsächlich mehr als die
anderen Eisenpräparate?
Dr. med. A. SEE (Facharzt Innere Medizin)
D-35088 Battenberg-Dodenau
Interessenkonflikt: keiner
Etwa 5% bis 10% des mit der Nahrung zugeführten Eisens wird vom Körper aufgenommen. Zusammensetzung der Nahrung* und Größe der
Eisenspeicher tragen dazu bei, dass die Aufnahme weniger als 1% oder bis zu 50% betragen kann. Das in einem Porphyrinring gebundene, vor allem in Fleisch und
Fisch enthaltene dreiwertige Hämeisen wird zwei- bis dreimal besser absorbiert als anorganisches Eisen, die Aufnahme wird durch die übrigen
Nahrungsbestandteile weniger beeinflusst.1
* In Getreiden, Nüssen und Gemüse vorkommende Phytate hemmen, Vitamin C und Fleisch fördern die
Absorption
Bei Eisenverlust (z.B. gastrointestinale Blutung), erhöhtem Bedarf (z.B. Schwangerschaft) oder ungenügendem Angebot (z.B. vegetarische Kost) kann
es zu einer Mangelsituation und Anämie kommen. Die in Leitlinien empfohlene Behandlung eines Eisenmangels ist die Einnahme von zweiwertigem nicht
organischen Eisen, zum Beispiel als Eisen(II)-sulfat (HAEMOPROTECT u.a.).2,3 Aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit werden Dosierungen
zwischen 100 mg und 200 mg Eisen täglich empfohlen, am besten auf nüchternen Magen. Wegen gastrointestinaler Beschwerden ist es aber oft
erforderlich, das Eisenpräparat mit Nahrung einzunehmen, wodurch die Bioverfügbarkeit verringert wird, oder die Dosis zu reduzieren. Auch
Präparate mit geringerer Bioverfügbarkeit sind besser verträglich.
HEMFERIN, das derzeit mit Verweis auf hohe Resorptionsrate und gute Magen-Darm-Verträglichkeit propagiert wird,4 ist ein Hämeisen-
Präparat aus Ausgangsmaterialien vom Schwein, das nicht als Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzung angeboten wird.5 Es kann daher
auch bei manifester Eisenmangelanämie nicht zu Lasten der Krankenkassen verordnet werden. Behördliche Prüfungen auf Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit sind für Nahrungsergänzungsmittel nicht erforderlich. Entsprechend dünn ist die Datenlage. Randomisierte kontrollierte Studien
sind mit HEMFERIN nicht durchgeführt worden. Hinweise auf eine Überlegenheit gegenüber anorganischen Eisenprodukten finden wir aber auch
für andere Hämeisenpräparate nicht. In einer kleinen randomisierten Studie mit HEMOFER bleiben bei 90 Schwangeren Unterschiede zu einem
Nicht-Hämeisen-Produkt aus.6 Der Versuch, eine bessere Verträglichkeit dieses Hämeisen-Präparates im Vergleich zu üblicher
Behandlung nachzuweisen,7 scheitert in einer randomisierten kontrollierten Studie mit 100 Patienten an eklatanten methodischen Mängeln, die eine
Aussage nicht zulassen. Gastrointestinale Beschwerden sind auch unter Hämeisen zu erwarten: 3 (8%) von 37 Hämodialyse-Patienten brechen in einer
unkontrollierten Beobachtungsstudie die Behandlung deswegen ab.8 Hinzu kommt die ungeklärte Langzeitsicherheit: In einer kleinen Arbeit mit 21
gesunden Freiwilligen erhöht die Einnahme von Hämeisen die intestinale Produktion von potenziell karzinogenen N-Nitrosoverbindungen wie
Nitrosaminen. Dies wird von den Autoren als mögliche Erklärung für das erhöhte Risiko eines kolorektalen Karzinoms in Verbindung mit rotem
Fleisch diskutiert.9
Angesichts der fehlenden Belege für einen Vorteil des als
Nahrungsergänzung angebotenen und daher nicht erstattungsfähigen Hämeisens (HEMFERIN u.a.) sowie der offenen Fragen zur Sicherheit bleibt
die Behandlung mit zweiwertigem anorganischen Eisen Standard (HAEMOPROTECT u.a.) bei der Eisensubstitution.
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