Zeitschrift eingestampft - drastische Zensur im Thieme Verlag: Koppelgeschäfte, also die Veröffentlichung positiver redaktioneller
Texte, um im Gegenzug Anzeigen zu erhalten, sind bei Fachzeitschriften im Medizinbereich gang und gäbe - auch wenn dies bisweilen vehement bestritten
wird. Diese Art der Verquickung der Interessen von Pharmaherstellern und Verlagen schafft Abhängigkeiten. Ein trauriges Beispiel hierfür liefert jetzt der
Thieme Verlag. Weil eine "Artikelserie zur rationalen Arzneitherapie in der hausärztlichen Praxis" der Industrie ein Dorn im Auge ist, hat der Verlag die bereits
gedruckte August-Ausgabe der Zeitschrift für Allgemeinmedizin (ZFA) eingestampft. Dabei enthält die ZFA selbst keine Pharmawerbung, doch
befürchtet der Verlag offensichtlich Abstrahleffekte auf anzeigenabhängige Zeitschriften des Hauses. Im beanstandeten Artikel des August-Heftes sollte
geprüft werden, ob bei Protonenpumpenhemmern (PPI) Wirksamkeitsunterschiede bestehen. Einer der Fazit-Punkte des eingestampften Textes lautet: "Trotz
entsprechender Werbeaussagen fehlen zweifelsfreie Nachweise für klinisch relevante Unterschiede zwischen den einzelnen PPI." In der ergänzenden
Preistabelle schneiden Omeprazol-Generika am günstigsten ab. All dies schreckt offensichtlich Werbekunden des Verlages ab, die mit großem
Marketingaufwand ihr Produkt als besonders vorteilhaft positionieren wollen. Oder der Verlag übt vorauseilende Zensur. Die Herausgeber der ZFA suchen jetzt
einen neuen Verlag und versuchen, der Zensurmaßnahme Positives abzugewinnen: "Die DEGAM* ist die erste Fachgesellschaft, die sich gegen
Einschüchterung und Bevormundung durch einige Industrieunternehmen und Verlage zur Wehr setzt" (KOCHEN, M.: DEGAM-Rundschreiben vom 19. Sept.
2006/ati d). Die Bereitschaft, sich vom Einfluss der Pharmahersteller abzunabeln, erscheint bei anderen Fachgesellschaften allerdings vernachlässigbar gering
zu sein (vgl. a-t 2005; 36: 69-71 und 2006;
37: 1-2).
* DEGAM = Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin
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