UNZULÄSSIGE WERBUNG BEI LAIEN - WORÜBER 'STOLPERN' LANDESBEHÖRDEN? |
"Im Wissen behördlicher Rückendeckung besteht für Firmen kein Anlass, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten",
schrieben wir vor drei Jahren (a-t 2001; 32: 116-7). Geändert hat sich seitdem nichts. Im Januar 2004 baten wir
die für die Novartis GmbH zuständige Landesbehörde um Überprüfung der Internetseiten www.kortisonfrei.com, in denen die Firma eine
"neue kortisonfreie Creme zur Behandlung der Neurodermitis (atopische Dermatitis) aus dem Hause Novartis" direkt beim Konsumenten anpreist.
Über einen Link1 zu einem Artikel aus der Ärzte Zeitung erfährt der Laie rasch, um welches Produkt es geht: Pimecrolimus (ELIDEL). Dies
erachten wir als Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das die Bewerbung verschreibungspflichtiger Produkte beim Laien verbietet.
Im August teilt uns die Landesbehörde mit, dass wegen unzureichender Personalausstattung nur "dringliche Angelegenheiten erledigt werden
können" - so etwa "die internen Zuarbeiten für die Fachreferate".2 Offensichtlich kann sich die Behörde selbst so gut
beschäftigen, dass Bürger, die eine Tätigkeit der Beamten einfordern, den Dienstablauf stören:
| | "Zu diesen dringlichen Angelegenheiten gehört u.E. nicht ein möglicher
Verstoß gegen das HWG durch Werbung im Internet. Über Werbung im Internet ‚stolpert' man nicht, wie z.B. über Werbung in Zeitschriften. Auf die
Internetseiten von Novartis gelangt in der Regel nur derjenige, der nach entsprechenden Informationen sucht".2 |
Diese Auskunft lässt Abwimmeln lästiger Anfragen und Desinteresse an der Durchsetzung gesetzlicher Normen erkennen. Wer in der Internet-
Suchmaschine Google das Stichwort Neurodermitis eingibt, "stolpert" unmittelbar über die von uns beanstandete Anzeige für
www.kortisonfrei.com der Novartis GmbH, noch bevor die über 300.000 Fundstellen zum Stichwort gelistet werden.3 Wir stolpern übrigens auch
über eine Anzeige für die andere verschreibungspflichtige Pimecrolimus-Creme: "www. neurodermitistherapie.info, Infos und Tipps zu Neurodermitis
und neuer Creme (z.B. DOUGLAN)" - "mit freundlicher Unterstützung von 3M Medica".3 Wir sind gespannt, was die für diese
Firma zuständige Überwachungsbehörde unternehmen wird.
Zugegeben, Landesbehörden fehlt es an personeller Kapazität, aber offensichtlich auch an Kompetenz. Dass Verstöße gegen das
Heilmittelwerbegesetz ungeahndet bleiben, haben wir schon häufiger erfahren, besonders eklatant am Beispiel der Werbung für das
verschreibungspflichtige Abnehmmittel Sibutramin (REDUCTIL) bei 500.000 Laien (a-t 1999; Nr. 4: 41-2).
Werbemaßnahmen im Internet werden anscheinend von zuständigen Landesbehörden gar nicht erst kontrolliert (vgl. a-t 2001; 33: 49-50). Verbraucherschutz ade.
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