Erythropoetin (ERYPO u.a.) richtig dosieren: Bei der Anämie infolge chronischen Nierenversagens ist die überschießende
Vermehrung roter Blutkörperchen weder nötig noch besonders erwünscht. Das Glykoprotein Erythropoetin stimuliert als Hormon die Bildung roter
Zellen. Beim Gesunden genügen 10 - 20 E Erythropoetin pro Liter Plasma, um Auf- und Abbau der Erythrozyten im Gleichgewicht zu halten. Dialysepflichtige
Patienten mit renaler Anämie sollten noch 1989 im Jahr der Einführung von Erythropoetin (ERYPO, RECORMON) dreimal wöchentlich
initial bis 150 E des Hormons intravenös erhalten. Aus Ersparnisgründen begannen in den USA viele Dialysezentren mit weitaus niedrigeren Dosierungen.
Inzwischen liegen gute Erfahrungen mit Initialdosen von dreimal wöchentlich 35 E Erythropoetin/kg Körpergewicht i.v. vor (gleichbedeutend mit 3 x 1 - 1,5
Ampullen zu 2.000 E/Woche für jeweils 81 bis 122 DM). Ziel der Behandlung bleibt, den Hämatokritwert innerhalb von 6 Wochen auf 0,3 - 0,34
anzuheben und auf dieser Höhe zu halten. Falls erforderlich, kann die Dosierung schrittweise angehoben werden, wobei dreimal wöchentlich 80 E/kg als
Höchstmenge selten zu überschreiten sind. Mißerfolge beruhen gewöhnlich auf leeren Eisenspeichern (erkennbar an Serumferritinspiegeln unter
200 µg/Liter bzw. Transferrinsättigung unter 15%). Bei Bedarf wird Eisen am besten peroral als Eisensulfat (z.B. in ERYFER) in Mengen von
wöchentlich 300 mg zugeführt (entspricht 200 mg zweiwertigem Eisen) verteilt auf ein bis drei tägliche Gaben und zwar so lange, bis
die Serumferrinspiegel 200µg/Liter erreichen. Seltener können Begleitinfektionen oder entzündliche Prozesse die Ursache sein, daß das
Therapieziel nicht erreicht wird. In den meisten Fällen erlaubt das therapeutische Vorgehen, auf zusätzliche Bluttransfusionen zu verzichten, sobald die
Hämoglobinkonzentration ansteigt. Die i.v-Route wurde anfänglich gewählt, weil bei dialysepflichtigen Kranken hierfür günstige
Voraussetzungen vorliegen. In anderen Fällen kann die Subkutananwendung von Erythropoetin zweckmäßig sein. Sie sorgt für
gleichmäßigere Hormonspiegel im Vergleich zur i.v.-Applikation (vgl. a-t 4 [1989], 42) und ist bei den möglichen niedrigen Dosierungen
kostengünstiger (ERSLEV, A. J.: N. Engl. J. Med. 324 [1991], 1339).
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