CANDESARTAN (ATACAND, BLOPRESS) ZUR MIGRÄNEPROPHYLAXE? |
Die Firma AstraZeneca bewirbt das Medikament Candesartan (ATACAND) in den Praxen zum Einsatz in der Migräneprophylaxe. Gibt
es verlässliche Daten?
Dr. med. C. KESSEL (Fachärztin f. Allgemeinmed., spez. Schmerztherapie)
D-37120 Bovenden
Interessenkonflikt: keiner
Per Datenbankrecherche (PubMed, COCHRANE) finden wir lediglich eine randomisierte Cross-over-Studie zur Migräneprophylaxe mit dem Angiotensin-II-
Blocker Candesartan (ATACAND, BLOPRESS). Insgesamt 57 Patienten mit zwei bis sechs Migräneanfällen pro Monat nehmen zwölf Wochen lang
täglich 16 mg des Antihypertensivums oder Plazebo ein. Nach einer vierwöchigen Auswaschphase erfolgt ein Cross over. Primärer Endpunkt ist die
Häufigkeit der Tage mit Kopfschmerz und nicht, wie in internationalen Leitlinien zur Durchführung von Arzneimittelstudien bei Migräne gefordert, die
Anzahl der Migräneattacken pro Monat. Diese werden überhaupt nicht mitgeteilt. Patienten unter Candesartan leiden im Studienzeitraum demnach
durchschnittlich 13,6 Tage an Kopfschmerz im Vergleich zu 18,5 Tagen unter Scheinmedikament. Auch Tage mit Migräne (9% vs. 12,6%, sekundärer
Endpunkt) kommen unter dem Sartan deutlich seltener vor. Unterschiede in der Dosis der wegen Kopfschmerz eingenommenen Triptane oder Analgetika lassen sich
statistisch nicht hinreichend absichern. Die Lebensqualität bleibt unbeeinflusst.1
Die gleiche Arbeitsgruppe hat zuvor eine in Größe und Design nahezu identische Untersuchung zum Nutzen des ACE-Hemmers Lisinopril (ACERBON u.a.)
als Migräneprophylaktikum veröffentlicht.2 Wie die Candesartan-Studie ist auch diese vom Hersteller AstraZeneca gesponsert. Lisinopril verringert
demnach ebenfalls die Zahl der Tage mit Kopfschmerz oder Migräne gegenüber Plazebo.2 Möglicherweise erschien es dem Hersteller nicht
lukrativ, diese Ergebnisse mit dem patentfreien und inzwischen relativ preiswerten ACE-Hemmer durch weitere Studien zu sichern. Für Enalapril (XANEF u.a.)
werden ebenfalls positive Effekte als Migräneprophylaktikum berichtet.2
Wie ACE-Hemmer und AT-II-Blocker Migräneanfälle verhindern könnten, bleibt offen. Angiontensin II wirkt unter anderem als Vasokonstriktor und
fördert die Freisetzung von Katecholaminen.1
Mittel der Wahl zur Vorbeugung von Migräneanfällen sind Betablocker. ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Blocker sind hierfür nicht zugelassen
(Achtung: Haftungsrisiko) und sollten klinischen Studien vorbehalten bleiben. Vorsicht: Unter Losartan (LORZAAR) ist die Auslösung eines Migräneanfalls
bei erstmaliger Einnahme mit Sistieren nach Absetzen und erneutem Auftreten bei Reexposition beschrieben,3
-Red.
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