HORMONSUBSTITUTION ERHÖHT
DEMENZRISIKO
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* Vorversion am 27. Mai 2003 als blitz-a-t veröffentlicht.
Frauen über 65 Jahre, die langfristig ein Östrogen-Gestagen-Präparat einnehmen, haben ein signifikant höheres Risiko als
Nichtanwenderinnen, an einer Demenz zu erkranken. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt jetzt die Women's Health Initiative Memory-Studie (WHIMS),
eine Teilstudie der im vergangenen Jahr wegen negativer Nutzen/
Schaden-Bilanz vorzeitig gestoppten WHI-Studie (a-t 2002; 33: 81-3). Am Östrogen/Gestagen-Arm der WHIMS
nehmen 4.532 Frauen teil, die zu Beginn mindestens 65 Jahre alt sind. Nach durchschnittlich vierjähriger Studiendauer haben 61 Frauen eine Demenz
entwickelt: 40 (1,8%) von 2.229 Frauen in der Hormongruppe mit täglich 0,625 mg konjugierten Östrogenen plus 2,5 mg Medroxyprogesteronazetat
(CLIMOPAX) im Vergleich zu 21 (0,9%) von 2.303 Frauen unter Plazebo. Die Hormoneinnahme erhöht somit das relative Risiko einer Demenz auf das Doppelte
(95% Vertrauensintervall 1,21 bis 3,48; Number needed to harm [NNH] = 111**). Bei gut der Hälfte der Betroffenen wird eine Demenz vom ALZHEIMER-Typ
diagnostiziert. Der Unterschied zwischen Verum- und Plazebogruppe zeigt sich bereits ein Jahr nach Studienbeginn und nimmt im weiteren Verlauf zu. Als
möglicher Pathomechanismus wird die Zunahme vaskulär bedingter Demenzen auf dem Boden von Mikroinfarkten diskutiert.1
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Von 111 Frauen, die die Hormone einnehmen, wird eine geschädigt.
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Erneut widerspricht hiermit das Ergebnis einer großen randomisierten Langzeitstudie zur Hormonsubstitution vorangehenden epidemiologischen
Untersuchungen. Diese sprachen eher dafür, dass Östrogene vor Demenz schützen könnten. Das erhöhte Demenzrisiko addiert sich zu
der erhöhten Herzinfarkt-, Schlaganfall-, Thrombose- und Brustkrebsrate unter Langzeiteinnahme von Hormonen nach den Wechseljahren und unterstreicht die
negative Nutzen/Schaden-Bilanz dieser Therapie. Lediglich zur Linderung von belastenden Beschwerden der Menopause wie Hitzewallungen lassen sich die
Hormone noch rechtfertigen - so kurz und niedrig dosiert wie möglich und nach eingehender Information über die Risiken.
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