ZWEIFELHAFTE STUDIE ZU HORMONEN NACH DEN
WECHSELJAHREN
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Vor wenigen Tagen erhielt meine Ehefrau einen Brief, mit dem sie zur Teilnahme an einer Studie zur Wirkung eines Estradiol-Drospirenon-
Präparates nach den Wechseljahren auf Haut und Haare aufgefordert wird. Daran kann man sehen, wie Personen zu Versuchsmenschen mit eventuell
üblen Gesundheitsfolgen verführt werden.
NN (Internist, Name und Anschrift der Redaktion bekannt)
Interessenkonflikt: Keiner
Wenn nach Abbruch der großen Women Health Initiative (WHI)-Studie, die eine negative Nutzen-Schaden-Bilanz für Hormone nach den
Wechseljahren bis zur Induktion von Brustkrebs erkennen lässt (a-t 2002; 33: 81-3), Frauen für eine weitere
Hormonstudie angeworben werden, sind ethische Vertretbarkeit bei der Festlegung des Studienziels und sorgfältige Risikoaufklärung zwingende
Voraussetzung. Eine "wissenschaftliche Studie zur Wirkung von Hormonen auf Haut und Haare"" dient jedoch keinem therapeutischen Erfordernis
und erscheint daher nicht vertretbar. In dem zweiseitigen Anwerbeschreiben aus einer Berliner Klinik werden die Risiken der Hormonersatztherapie nicht
erwähnt.
Als Prüfpräparat ist eine bislang nicht zugelassene Kombination aus Estradiol plus Drospirenon vorgesehen.2 Drospirenon ist ein nur spärlich
erprobtes Gestagen, das sich vom Aldosteron-Antagonisten Spironolakton (ALDACTONE u.a.) ableitet. Die von Schering/Jenapharm vor zwei Jahren
eingeführten Drospirenon-haltigen Kontrazeptiva YASMIN und PETIBELLE werden bereits als Lifestyle-Mittel beworben ("Möglichkeit zur
Gewichtsabnahme"; a-t 2000; 31: 103-4). Die jetzt geplante Studie zur Hormonersatztherapie scheint ebenfalls
für Marketingzwecke konzipiert zu sein. Wir sehen keine Rechtfertigung, den Einfluss einer derart unzureichend dokumentierten Hormonkombination auf
natürliche Veränderungen in den Wechseljahren zu prüfen. Die Genehmigung einer solchen Studie durch eine Ethik-Kommission ist
unverständlich. Die Prüfung von Hormonen als Lifestyle-Medikation muss in Kenntnis der aktuellen Risikodaten gestoppt werden, -Red.
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