BEDEUTET DESOGESTREL-MINIPILLE CERAZETTE EIN THROMBOSERISIKO? |
Unter Desogestrel in Kombination mit Östrogen in oralen Kontrazeptiva (in LOVELLE, MARVELON u.a.) besteht ja offensichtlich
Erhöhung des Thromboserisikos (a-t 2001; 32: 104). Wie sieht es aus mit der Monosubstanz, z.B. in der Minipille
CERAZETTE?
E. STEINLE-PAUL (Fachärztin für Gynäkologie)
D-70329 Stuttgart
Interessenkonflikt:Keiner
Das Thromboembolierisiko in Verbindung mit "Minipillen", die ausschließlich ein niedrig dosisertes Gestagen enthalten, scheint insgesamt geringer
zu sein als mit Östrogen-Gestagen-Kombinationen. Da Minipillen aber weniger gebräuchlich sind, lässt sich die Gefährdung in epidemiologischen
Studien schwer fassen. In zwei neueren internationalen Fall-Kontroll-Studien ergibt sich für "Minipillen" weder für venöse
Thromboembolien, Myokardinfarkte oder Schlaganfälle noch für kardiovaskuläre Komplikationen insgesamt ein signifikanter Anstieg.1,2
Wegen der kleinen Fallzahlen sind die Vertrauensbereiche weit. In der WHO-Studie nimmt das Schlaganfallrisiko bei Frauen mit Bluthochdruck nicht signifikant
zu.1 Vergleichende epidemiologische Daten zur Thrombogenität von Desogestrel (CERAZETTE) als Gestagenkontrazeptivum finden wir nicht. Nach
dem, was sich aus Studien zum Gerinnungsstoffwechsel erkennen lässt, rufen Gestagene allein auch hier geringere Veränderungen hervor als zusammen
mit Ethinylestradiol.3,4 Die Autoren eines direkten Vergleichs führen das erhöhte Risiko unter Desogestrel in Kombinationspräparaten
(LOVELLE, MARVELON u.a., sog. Drittgenerationspräparate) daher darauf zurück, dass es die Thrombogenität von Ethinylestradiol weniger
kompensiert als Levonorgestrel.4
Desogestrel ist in CERAZETTE mit 75 µg im Vergleich zu Levonorgestrel-haltigen Minipillen (30 (g; MICROLUT u.a.) relativ hoch dosiert.* Seine
empfängnisverhütende Wirkung soll im Unterschied zu anderen Gestagenkontrazeptiva in erster Linie auf Ovulationshemmung beruhen. In der
Fachinformation wird aus einer unveröffentlichten Studie ein
Pearl-Index von 0,4 zitiert, der dem von Kombinationspräparaten entspräche. Der Estradiolspiegel sinkt unter der Einnahme auf Werte wie in der
frühen Follikelphase.5 Wie sich dies langfristig insbesondere auf den Knochenstoffwechsel auswirkt, ist ungeklärt.
Blutungsunregelmäßigkeiten kommen in einer vergleichenden Studie signifikant häufiger vor als unter einer Minipille mit Levonorgestrel. Mehr Frauen
(22,5%) setzen Desogestrel deswegen ab (Levonorgestrel: 18%).6
Wir ziehen bei gegenwärtigem Kenntnisstand die besser erprobten - wenn auch möglicherweise weniger zuverlässigen - Gestagenkontrazeptiva
mit Levonorgestrel (MICROLUT u.a.) vor.
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