STREPTOGRAMIN-ANTIBIOTIKUM SYNERCID: WENIG NEU, UNVERTRÄGLICH, WICHTIG |
Bei der Suche nach Mitteln gegen multiresistente Erreger "erscheint momentan der einzige Ausweg, Altsubstanzen, die sich ursprünglich als
zu toxisch für den klinischen Einsatz erwiesen, wieder hervorzuholen und doch therapeutisch verfügbar zu machen."1 Dies trifft auf das
neue Kombiantibiotikum SYNERCID zu. Es enthält die Streptogramine* Quinupristin und Dalfopristin und ist ausschließlich angezeigt bei schweren
Infektionen mit Vancomycin-resistentem Enterococcus fae- cium (VREF), nosokomialer Pneumonie sowie komplizierten Haut- und Weichteilinfektionen, wenn
nachweislich kein anderes Antibiotikum wirksam und geeignet ist.2
EIGENSCHAFTEN: Die Streptogramine Quinupristin und Dalfopristin werden mit den verwandten Lincosamiden und
Makroliden zur MLS-Gruppe zusammengefasst. Sie binden an verschiedenen Stellen an bakterielle Ribosomen und behindern synergistisch deren
Proteinsynthese. Die Kombination der beiden Streptogramine wirkt bakterizid gegen Staphylococcus aureus und verschiedene Streptokokken, gegen Enterokokken
jedoch nur bakteriostatisch.
KLINISCHE ERFAHRUNGEN: Der klinische Nutzen ist dürftig dokumentiert. Bei Schwerkranken mit Infektionen durch VREF und zum Teil
weiteren grampositiven Erregern wird ein klinischer "Erfolg" (geheilt oder gebessert) bei 219 (55%) von 396 ausgewerteten Patienten angegeben.3 Beim
offenen, nicht randomisierten Vergleich mit Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY u.a.), Cefazolin (GRAMAXIN u.a.) oder Oxacillin (STAPENOR), allein oder
miteinander bzw. mit Aztreonam (AZACTAM) kombiniert, finden sich bei Patienten mit komplizierten grampositiven Infektionen von Haut und Gewebe mit
Staphylococcus aureus u.a. identische Heilungsraten von 47% (SYNERCID) und 48% (Vergleichsantibiotika).4 Auch bei nosokomialer Pneumonie
entsprechen die Heilungsraten von SYNERCID (53%) denen von Vancomycin (52%).5
Die Daten aus einem weltweiten Notfallprogramm, in dem Patienten mit schweren Grunderkrankungen und Infektionen durch grampositive
Bakterien ohne therapeutische Alternative behandelt wurden, sind nur bruchstückhaft veröffentlicht. Nach einer Auswertung bei überwiegend mit
VREF-Infizierten wird die klinische Erfolgsrate (Heilung und Besserung) mit 76% beziffert.6 Werden auch die Patienten berücksichtigt, die wegen
unerwünschter Ereignisse, Therapieversagens u.a. vorzeitig ausgeschieden sind (Intention to treat), liegt die klinische Erfolgsrate bei 37%, bezogen auf
"geheilte" Patienten sogar nur bei 26%.
VERTRÄGLICHKEIT: Wegen Reizung und Entzündung peripherer Venen soll SYNERCID über einen zentralvenösen Katheter
infundiert werden. Bei bis zu 19% wird die Behandlung wegen Unverträglichkeit abgebrochen.7 Schmerzen an Gelenken und Muskeln (bis 10%2, bei
Multimorbiden bis 31%8) verlaufen zum Teil stark.2 Hyperbilirubinämie betrifft 3%.8 Als Hemmer des Zytochrom-P450-3A4-Isoenzyms
erhöht SYNERCID die Serumspiegel zahlreicher Arzneimittel wie Ciclosporin (SANDIMMUN u.a.), Midazolam (DORMICUM u.a.) und Nifedipin (ADALAT
u.a.).2
DOSIS UND KOSTEN: Bei einer Dosis von 7,5 mg/kg KG alle acht Stunden ist SYNERCID mit 559 DM/Tag (3 x 500 mg; Apothekenabgabepreis) 1,5fach
bis 3,5fach teurer als täglich 2.000 mg Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY 305 DM/Tag, VANCO-SAAR 160 DM/Tag).
FAZIT: Die Quinupristin-Dalfopristin-Kombination SYNERCID aus der alten Antibiotikagruppe der Streptogramine soll die Behandlung schwerer Infektionen durch
Vancomycin (VANCOMYCIN CP LILLY u.a.)-resistente grampositive Erreger ermöglichen. Die Heilungschance liegt in Notfallsituationen bei 1 : 4.

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