ZIDOVUDIN (RETROVIR) FÜR SCHWANGERE: SCHÄDIGUNG DER KINDER? |
Nukleosidanaloga wie Zidovudin (RETROVIR) oder Lamivudin (EPIVIR) gelten als Standardmittel, um die Gefahr der Übertragung des HI-Virus
unter der Geburt zu verringern. Über Langzeiteffekte der Behandlung bei den Kindern ist wenig bekannt. Eine französische Beobachtungsstudie
beschreibt überproportional häufige mitochondriale Dysfunktionen perinatal behandelter Kleinkinder. Betroffen sind 8 von 1.754 verglichen mit einer
erwarteten Prävalenz von 1 pro 5.000 bis 20.000.1 Die Störungen der Atmungskette gehen mit Myopathien und neurologischen Erkrankungen
wie Krampfanfällen, Paresen oder verschlechterter Wahrnehmungsfähigkeit einher. Die für angeborene mitochondriale Erkrankungen bekannten
Gendefekte finden sich nicht.
Aus der unkontrollierten Untersuchung lassen sich nur Verdachtsmomente ableiten. Andere Langzeitstudien geben keine Hinweise auf mitochondriale
Schädigung. Der gut dokumentierte Nutzen der Behandlung dominiert gegenüber der potentiellen Störwirkung bei 0,4% der Kinder und einer um 0,1%
erhöhten Sterblichkeit: Mit Zidovudin und Lamivudin lassen sich HIV-Übertragungsraten von über 20% bis auf 2,6% senken. HIV-infizierte
Schwangere sollen jedoch über die möglichen Störwirkungen informiert werden. 1,2
Nach jüngster Hypothese soll die durch Nukleosidanaloga verursachte mitochondriale Schädigung auch zum Lipodystrophiesyndrom beitragen, das
ursprünglich allein Protease-Hemmstoffen angelastet wurde (a-t 7 [1997], 76). Die Zahl berichteter Lipodystrophien bei Patienten, die keinen Proteasehemmer,
aber Nukleosidanaloga einnehmen, nimmt zu.3
1 | BLANCHE, S. et al.: Lancet 354 (1999), 1084 |
2 | MORRIS, A. A. M., A. CARR: Lancet 354 (1999), 1046 |
3 | BRINKMAN, K. et al.: Lancet 354 (1999), 1112 |
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