ZAHNFLEISCHWUCHERUNGEN DURCH KALZIUMANTAGONISTEN VOM NIFEDIPIN-TYP |
Arzneimittelinduzierte Gingivahyperplasien sind selten, belasten jedoch die Betroffenen. Sie erschweren Kauen und Sprechen sowie den
Zahndurchbruch beim Kind.1 Im Extremfall können Zähne völlig überwuchert werden. Plaquebildung und chronische Gingivitis mit
Zahnfleischbluten werden gefördert. Nach Absetzen des auslösenden Arzneimittels bildet sich die Wucherung meist innerhalb von Wochen bis einem Jahr
zurück.2 Wird das Mittel weiter verwendet, ist auch von operativer Entfernung nur vorübergehend Erfolg zu erwarten. Als bekannteste
Verursacher gelten das Antiepileptikum Phenytoin (EPANUTIN u.a.), das Immunsuppressivum Ciclosporin (SANDIMMUN u.a.) und der Kalziumantagonist Nifedipin
(ADALAT u.a., vgl. a-t 12 (1991), 116).
In insgesamt 114 Berichten an das australische Komitee für Arzneimittelsicherheit über Zahnfleischwucherungen wird 25 mal Nifedipin als Auslöser
verdächtigt, gefolgt von zwei weiteren Dihydropyridin-Kalziumantagonisten, Amlodipin (NORVASC, 22 Berichte) und Felodipin (MODIP, MUNOBAL, 14).
Phenytoin (13) und Ciclosporin (9) stehen an vierter und fünfter Stelle. Je zwei Berichte betreffen Diltiazem (DILZEM u.a.) und Verapamil (ISOPTIN
u.a.).2
FAZIT: Übermäßiges Wuchern des Zahnfleisches ist eine unerwünschte Gruppeneigenschaft von Kalziumantagonisten, insbesondere
vom Nifedipin (ADALAT u.a.)-Typ einschließlich Amlopidin (NORVASC) und Felodipin (MODIP, MUNOBAL). Absetzen oder zumindest Dosisreduktion gilt als
"Therapie" der Wahl. Unterstützend wirkt intensive Mundhygiene. Präparatewechsel innerhalb der gleichen Stoffgruppe erscheint nicht
sinnvoll.
1 | MERAW, S. J., P. J. SHERIDAN: Mayo Clin. Proc. 73 (1998), 1196 |
2 | Adverse Drug Reactions Advisory Committee (ADRAC): Austr. Adv. Drug React. Bull. 18
(1999), 6 |
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