FAKT ODER ARTEFAKT: SCHÜTZEN ÖSTROGENE VOR ALZHEIMER? |
In der Literatur, insbesondere der Populärliteratur, die unkritisch eine Hormonbehandlung für Frauen in und nach den
Wechseljahren favorisiert, wird im letzten Jahr zunehmend behauptet, die Hormonsubstitution schütze neben Osteoporose und Herzkreislauferkrankungen auch
vor der ALZHEIMERschen Erkrankung. In Beratungen und Veranstaltungen, die ich zu diesem Thema im Frauengesundheitszentrum Graz halte, fragen Frauen nach
diesen Zusammenhängen. Sind diese Untersuchungen ... wissenschaftlich abgesichert?
S. GROTH (Frauengesundheitszentrum Graz)
A-8010 Graz
Östrogene reihen sich in eine Vielzahl von Arznei- und Genussmitteln ein, für die eine positive Beeinflussung des Morbus ALZHEIMER behauptet wird:
Antioxidantien wie Vitamin E, nicht steroidale Antirheumatika, Virustatika - aber auch Zigaretten und Wein. Alle klinischen Daten zum Einfluss von Östrogenen
auf das Demenzrisiko stammen aus epidemiologischen Untersuchungen. Die meist kleinen Fallkontrollstudien kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen: In
fünf von elf seit 1984 veröffentlichten Beiträgen bleibt ein Nutzen aus.1,2 1996 geben zwei größere Kohortenstudien der
Diskussion neuen Auftrieb.3,4 Das ALZHEIMER-Risiko soll demnach bei Östrogengebrauch in der Postmenopause etwa um die Hälfte sinken.
Retrospektive Daten zur Hormonsubstitution und Unterschiede in den Vergleichsgruppen3 bzw. nicht repräsentatives Kollektiv4
beschränken die Aussagekraft. Zwar lässt sich auch nach Anpassung der Ergebnisse an Lebensalter und Ausbildungszeiten ein Vorteil errechnen.3-
5 Nur eine Interventionsstudie könnte aber den Nutzen von Hormonen unabhängig von anderen Einflussgrößen wie sozialer Schicht oder
Lebensstil klären.3 In den USA sind zwei randomisierte Untersuchungen inzwischen angelaufen.6
Als Wirkmechanismen werden unter anderem stimulierende Effekte auf Nervenwachstum, cholinerge Rezeptoren und zerebrale Durchblutung diskutiert. Daten zum
Einfluss zusätzlicher Gestagene, die den Östrogenen in vieler Hinsicht entgegenwirken und heutzutage für Frauen mit Gebärmutter
vorgeschrieben sind (a-t 3 [1997], 34, 9 [1993], 92), fehlen praktisch
völlig.7 Selbst in der aktuellen retrospektiven Kohortenstudie haben die meisten Frauen ausschließlich Östrogene eingenommen,5
-Red.
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