DESINFEKTION DER SCHEIDE MIT HEXETIDIN (VAGI-HEX)? |
Wie beurteilen Sie das Präparat VAGI-HEX (enthält 10 mg Hexetidin als Vaginaltablette, Red.), das laut Broschüre "in
jedem Lebensalter und auch in der Schwangerschaft prophylaktisch und therapeutisch" zur vaginalen Desinfektion eingesetzt werden kann?
G. ROSENBAUM (Fachapotheker f. Klin. Pharmazie)
D-31132 Hildesheim
Als Anwendungsgebiete von Hexetidin-Vaginaltabletten (VAGI-HEX) werden u.a. Vermeidung aszendierender Infektionen nach vorzeitigem
Blasensprung sowie präoperative Prophylaxe vor vaginalen operativen Eingriffen angegeben. Diese Empfehlung ist barer infektiologischer Unsinn. Nicht einmal
Lokalantibiotika mit einem wesentlich breiteren Wirkungsspektrum als Hexetidin sind in der Lage, aszendierende Infektionen bei Blasensprung zu vermeiden oder
präoperativ die Keime in der Vagina soweit zu reduzieren, dass das Infektionsrisiko vermindert wird. Bei beiden Indikationen sind, wenn überhaupt, nur
parenterale Antibiotika indiziert. Zur perioperativen Antibiotikaprophylaxe bei vaginalen Eingriffen genügt eine einzige Dosis z.B. eines Basis-Cefalosporins in
Kombination mit Metronidazol (CLONT u.a.) bei Anästhesieeinleitung.
Prof. Dr. med. F. DASCHNER
Inst. f. Umweltmedizin u. Hygiene, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
D-79106 Freiburg
Behauptungen in einer VAGI-HEX Werbebroschüre1 wie "Schutz des ungeborenen Lebens während der Schwangerschaft
und der Geburt" oder "Verhinderung des vorzeitigen Blasensprungs" stehen im Widerspruch zu den zugelassenen Anwendungsgebieten. Sie
gefährden möglicherweise die Frucht, da ausreichende Erfahrungen nur für das letzte Schwangerschaftsdrittel vorliegen.2 Selbst
durch die Zulassung gedeckte Indikationen lassen sich kaum nachvollziehen: Lediglich eine gemeinsame Auswertung von fünf bruchstückhaft referierten
Studien unzureichender Qualität ist veröffentlicht. Demnach nehmen Keimzahlen bei 25 Frauen mit vaginalen Infektzeichen nach einmaliger Anwendung
des Antiseptikums ebenso zu wie in einer unbehandelten Kontrollgruppe. Gebrauchen Frauen VAGI-HEX fünf Tage lang prophylaktisch bei
"Frühgeburtsbestrebungen" oder vor Operationen, lassen sich wichtige Keime wie E. coli, Proteus, Klebsiellen und B-Streptokokken bei bis zu 80%
weiterhin nachweisen. Hinweise auf eine geringere Häufigkeit des vorzeitigen Blasensprungs finden sich nicht.3 Auch bei vaginalen
Infektionen ist die gezielte antibakterielle bzw. antimykotische Behandlung der breit gestreuten "Oberflächenkosmetik" vorzuziehen, -Red.
1 | VAGI-HEX-Fachinformation, Stand Jan. 97 |
2 | Drossa Pharm: VAGI-HEX Werbebroschüre, 2/97 |
3 | WEIDINGER, H. et al.: Geburtsh. u. Frauenheilk. 51 (1991), 929 |
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