Symptomatische Hypoglykämie unter Carbimazol: Ein 89jähriger mit Hyperthyreose und multifokaler Autonomie nimmt seit sieben
Jahren dreimal täglich 5 mg Carbimazol (CARBIMAZOL HENNING u.a.). Nach wiederholten Stürzen wird er stationär aufgenommen. Eine
zunehmende rechtsseitige Lähmung und Bewußtseinseintrübung fallen auf. Der Blutzuckerwert beträgt 21 mg%. Intravenöse Glukose
lässt die Symptome prompt abklingen, muss in der Folgezeit jedoch mehrfach wiederholt werden. Bei dem Patienten ist keine Zuckerkrankheit bekannt.
Insulinom und Einnahme blutzuckersenkender Mittel können ausgeschlossen werden (Bremer Modell/NETZWERK-Bericht 8746). Unter Carbimazol oder
Methimazol (FAVISTAN u.a.) kann ein sogenanntes Insulin-Autoimmun-Syndrom entstehen. Dabei bilden Autoantikörper mit Insulin einen Komplex, der spontan
auseinanderfallen und symptomatische Hypoglykämien verursachen kann. Die Bildung von Autoantikörpern unter den beiden Thyreostatika wird mit deren
Sulfhydryl (SH)-Gruppe in Verbindung gebracht und ist für Propylthiouracil (PROPYCIL, THYREOSTAT II) nicht beschrieben (HIRATA, Y.: Lancet 2 [1983],
1037). Das Syndrom tritt gehäuft in Japan auf (CHEN, C. H.: Chang Gung Med. 13 [1990], 134). Im klassischen Fall lassen sich Antikörper gegen
humanes Insulin hochtitrig nachweisen. Wegen störanfälliger Methodik kann der Nachweis jedoch misslingen (ARMITAGE, M. et al.: Diab. Res. Clin.
Pract. 8 [1990], 169). Beim beschriebenen Patienten finden sich nur geringe Antikörpertiter. Nach Umstellen von Carbimazol auf Propylthiouracil bleiben weitere
symptomatische Hypoglykämien aus.
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