DARMVERSCHLUSS NACH "DIABETESMITTEL" ACARBOSE (GLUCOBAY) |
Seit einem Jahr nimmt eine 39jährige Japanerin wegen eines nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus den Alpha-Glukosidasehemmer Acarbose
(GLUCOBAY) ein. Mit Koliken, Erbrechen und stark geblähtem Bauch kommt sie ins Krankenhaus. Stenosegeräusche, vermehrte Gasansammlung im
Darm und Spiegel im Röntgenbild sprechen für einen Darmverschluß. Der Ileus bildet sich nach Flüssigkeitszufuhr und Absetzen des als
Adjuvans bei Diabetes angebotenen Enzymhemmers spontan zurück.1
Sechs weitere Darmverschlüsse nach Acarbose werden aus Japan berichtet. Die Betroffenen sind über 60 Jahre alt und/oder hatten in der Vorgeschichte
eine Bauchoperation. Drei Diabetiker müssen operiert werden, einer verstirbt. Auch nach dem Glukosidasehemmer Voglibose (Japan) ist Ileus beschrieben. Die
Mittel hemmen ein zuckerspaltendes Enzym im Dünndarm mit der Folge der Kohlenhydratmalabsorption. Durch bakterielle Zersetzung nimmt die Gasbildung zu.
Dies könnte einen Volvulus mit Passagestopp begünstigen. Die Häufung der Komplikation in Japan wird mit der dort verbreiteten
kohlenhydratreicheren Ernährung erklärt.1 In dem ostasiatischen Land nehmen monatlich etwa 100.000 Menschen Acarbose ein. Hierzulande
rangiert das Mittel mit 2,4 Mio. Verordnungen pro Jahr hinter dem Sulfonylharnstoff EUGLUCON N auf Rang 2 aller in der Diabetesbehandlung verwendeten
Mittel.2
Ileus in Verbindung mit Acarbose scheint nicht auf Japan beschränkt zu sein: Im NETZWERK verzeichnen wir zwei Verdachtsmeldungen zu
inkomplettem Darmverschluß unter Einnahme von Acarbose, der sich nach Absetzen bessert (Berichte 5396, 6500).
FAZIT: Wegen hoher Kosten (60 bis 90 DM/Monat), zweifelhaftem Nutzen und häufiger lästiger Störwirkungen wie Durchfall und
Blähungen sowie dem Risiko der Leberschädigung halten wir Acarbose (GLUCOBAY) nicht einmal als Adjuvans für die Diabetestherapie geeignet.
Lebensbedrohlicher Ileus wird in Verbindung mit dem Enzymhemmer beschrieben. Bei gefährdeten Patienten z.B. mit Bauchoperation in der Vorgeschichte
verbietet sich u. E. die Anwendung. Ein entsprechender Warnhinweis fehlt in der Fachinformation.
1 | NISHII, Y. et al.: Diabetes Care 19 (1996), 1033 |
2 | MENGEL, K. in SCHWABE, U., D. PAFFRATH (Hrsg.): "Arzneiverordnungsreport
'96", Gustav Fischer Verlag, Stuttgart (1996), S. 74 |
|
© 1996 arznei-telegramm |