AMINOGLYKOSIDE EINMALDOSIERUNG BEI NIERENINSUFFIZIENZ? |
Die tägliche Einmal-i.v.-Anwendung von Aminoglykosid-Antibiotika ist bei Nierengesunden etabliert. In der Intensivmedizin ist die
eingeschränkte Nierenfunktion ein häufiger Befund, deshalb folgende Fragen: Gibt es ein erprobtes Einmal-täglich-Dosierschema für Patienten
mit eingeschränkter Nierenfunktion? Wie sollte in einem solchen Fall das "drug-monitoring" konzipiert sein, insbesondere welcher Talspiegel ist
anzustreben?
Dr. H. HÜRTER (Oberarzt, Städt. Krankenhaus)
D-31134 Hildesheim
Nach zwei aktuellen Metaanalysen von 13 bzw. 21 randomisierten Studien mit nierengesunden Patienten erzielen Aminoglykoside bei Einmaldosierung mindestens
ebenso hohe Heilungsraten wie bei Verteilung der Tagesdosis. Einmal täglich infundiert schädigen die Antiinfektiva das Innenohr nicht häufiger als
bei konventionellem Schema, wirken aber wahrscheinlich weniger nephrotoxisch.1,2 Aussagekräftige Untersuchungen zur Einmaldosierung bei
eingeschränkter Nierenfunktion sind uns nicht bekannt. Ein erprobtes Regime fehlt daher für die im übrigen bei Niereninsuffizienz nicht zugelassene
Einmaldosierung.
Bakterizide Wirksamkeit und Dauer des sogenannten postantibiotischen Effektes der Aminoglykoside hängen unter anderem von der erreichten
Spitzenkonzentration ab. Um die Toxizität kleinzuhalten, sollen die Serumspiegel möglichst täglich nahezu auf Null sinken. Erhielten Patienten mit
eingeschränkter Nierenfunktion die für Nierengesunde empfohlene Einmaldosis, müßten bis zum Erreichen von Serumspiegeln nahe Null
mehrere Tage abgewartet werden. Ein optimaler bakterizider Effekt würde so mit erhöhter Giftigkeit erkauft, und der zeitlich begrenzte postantibiotische
Effekt könnte das Bakterienwachstum bis zur Folgeinjektion nicht ausreichend hemmen. Unter Berücksichtigung der spärlichen Daten zur
Einmaldosierung von Aminoglykosiden bei Patienten mit Nierenfunktionsstörung wird derzeit empfohlen, ein Intervall von 24 Stunden beizubehalten, die Dosis
aber so zu verringern, daß die Talspiegel z. B. von Gentamicin (REFOBACIN u.a.) und Netilmicin (CERTOMYCIN) sicher unter 1 mg/l, möglichst sogar
nahe Null liegen.3,4 Die Spitzenspiegel bleiben dann jedoch deutlich niedriger als beim Anwendungsregime für Nierengesunde, Red.
1 | HATALA, R. et al.: Ann. Intern. Med. 124 (1996), 717 |
2 | BARZA, M. et al.: Brit. Med. J. 312 (1996), 338 |
3 | ROTSCHAFER, J. C., M. J. RYBAK: Ann. Pharmacother. 28 (1994), 797 |
4 | KUMANA, R. C., K. YUNG YUEN: Drugs 47 (1994), 902 |
|
© 1996 arznei-telegramm |