Sehstörungen durch Azolantimykotika (z.B. Itraconazol [SEMPERA u.a.]): Ein 54jähriger aus dem Frankfurter Raum nimmt gegen
Fußmykose mit Candida nach erfolgloser örtlicher Behandlung das Azolantimykotikum Itraconazol (SEMPERA u.a.). Nach drei Tagen unterbricht er wegen
Magen-Darm-Störungen die Einnahme, setzt sie aber gut eine Woche später fort. Fünf Tage danach sieht er mit dem rechten Auge auf einer Uhr die
Ziffern sechs und sieben nicht mehr. Ein Augenarzt stellt ein höchstens 14 Tage altes Papillenödem rechts und eine Abblassung des linken Sehnervs fest.
Als tags darauf das rechte untere Gesichtsfeld ganz ausfällt und er mit dem Auge sonst nur noch verschwommen sieht, wird Itraconazol abgesetzt. Eine
Computertomographie des Schädels ist unauffällig. Durchblutungsstörungen oder eine Entzündung der Hirnnerven lassen sich nicht
nachweisen. Hochdosierte Kortikosteroide und später Infusionen von Immunglobulinen können eine rechtsseitige Optikusatrophie nicht verhindern. Er
erblindet auf dem rechten Auge nahezu vollständig. Differentialdiagnose: entzündlicher, ischämischer oder toxischer Prozeß. Da
Gefäßrisikofaktoren fehlen, beidseits pathologische Augenbefunde und ein klarer zeitlicher Zusammenhang mit der Itraconazol-Medikation bestehen, wird
eine medikamentöse Genese in Betracht gezogen (NETZWERK-Bericht 8376). Im SEMPERA-Beipackzettel findet sich ein Hinweis auf in Einzelfällen
auftretende periphere Neuropathien. Itraconazol-induzierte Neurotoxizität wird in einer spanischen Veröffentlichung abgehandelt (AZANZA, I. R. et al.:
Med. Clin. [Barcelona] 78 [1992], 798). Bremer Hautärztinnen berichten dem NETZWERK über eine 58jährige mit Schwindel, gestörtem
Farbensehen und Gesichtsfeldausfällen unter SEMPERA. Die Störwirkungen, die nach Absetzen rasch abklingen, treten nach erneuter Einnahme wieder
auf (Bericht 5872). Ödem der Sehnervpapille wird auch in Verbindung mit dem strukturverwandten Ketoconazol (NIZORAL u.a.) beschrieben: Nach
viermonatiger Einnahme von täglich 800 mg Ketoconazol gegen Hirsutismus klagt eine 29jährige Türkin über Kopfschmerzen. Ein Augenarzt
stellt ein beidseitiges Papillenödem fest, dessen Ursache trotz umfangreicher Untersuchungen unklar bleibt. Ein Vierteljahr nach Absetzen hat sich der
Netzhautbefund normalisiert. Unter erneuter zweimonatiger Einnahme entwickelt sich wiederum ein Papillenödem, das sich nach Absetzen innerhalb von vier
Monaten komplett zurückbildet. Die Autoren führen die Störung auf einen durch Ketoconazol bedingten Pseudotumor cerebri zurück (OR, M. et
al.: Acta Ophthalmol. 71 (1993), 270).
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