ANÄSTHETIKUM PROPOFOL (DISOPRIVAN): ERWACHEN RASCH ABER UNANGENEHM? |
Propofol (DISOPRIVAN) als Narkoseeinleitungshypnotikum zeichnet sich in der Regel nach kürzeren Narkosen durch ein für
den Patienten angenehmes Erwachen aus (a-t 5 [1990], 44). Da alle Patienten rasch ansprechbar sind, habe ich
Propofol vorwiegend bei ambulanten Eingriffen, d.h. ohne Prämedikation mit Benzodiazepinen o.ä., eingesetzt. Das Erleben der postnarkotischen Phase
eines Kollegen von mir, dem ich eine Narkose zu einer Abszeßeröffnung gemacht hatte, brachte mich darauf, daß eine Reihe von Patienten nach
zwar raschem Erwachen die Stunden danach als sehr unangenehm empfindet. Die Symptome sind: Unfähigkeit zu schlafen trotz Müdigkeit, Rastlosigkeit,
das Gefühl, bald "durchzudrehen", "verstopfte Nase", anhaltender Husten.
Die Häufigkeit dieser Symptome schätze ich auf 5%. Die Symptomatik kann vom Anästhesisten, vor allem an der Klinik, leicht übersehen
werden, da die Patienten, sobald sie ansprechbar sind, auf die Station abgegeben werden. In dieser Phase sind die Patienten m.E. nicht in der Lage, eventuelles
subjektives Mißempfinden Ärzten oder dem Pflegepersonal mitzuteilen. Eher zufällig erfährt man als Anästhesist, daß einige Patienten
später erzählen, daß sie sich "beschissen" gefühlt hätten.
Die geschilderte Symptomatik ist meiner Erfahrung nach durch Gabe von 5 mg Diazepam i.v. bzw. 10 mg per os aufzuheben. Damit ist jedoch der Vorteil
gegenüber Substanzen wie Methohexital (BREVIMYTAL) oder Thiopental (TRAPANAL) verloren. Ich setze inzwischen Propofol auch aus Kostengründen
nur sehr beschränkt ein.
Dr. med. M. SCHULTZ (Arzt für Anästhesie)
D-7900 Ulm
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