CANNABINOID NABILON: TEURER IMPORT |
Das über Import aus Großbritannien erhältliche Cannabinoid Nabilon (früher CESAMET, heute NABILON) kostet in der
Packung mit 20 Kapseln in einer deutschen Apotheke ca. 350,- DM. Die Preise wurden in den letzten Monaten offenbar mit Blick auf das zunehmende
Interesse an den therapeutischen Qualitäten von Cannabis (a-t 9 [1995], 93) vom Hersteller drastisch in
die Höhe geschraubt. Die Import- und Genehmigungsprozedur dauert mehrere Wochen. Ein praktikabler Weg erscheint mir folgender: Die eigene Scheu vor
der illegalen Droge abbauen und dem Patienten bei bestehender Indikation einen entsprechenden Hinweis geben. Ärztekammer Berlin und Deutsche AIDS-
Hilfe e.V. führen am 29. Oktober '95 eine Fachtagung zum medizinischen Gebrauch von Cannabis durch.
F. GROTENHERMEN (Arzt)
D-50670 Köln
Ihrem Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit des Betäubungsmittels NABILON (a-t 9 [1995],
93) sollte unbedingt hinzugefügt werden, daß es hierzu einer Erlaubnis nach 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sowie einer Genehmigung
gemäß Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung bedarf! Beide sind ggf. beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu
beantragen (BfArM, Bundesopiumstelle, Genthiner Str. 38, 10785 Berlin) und sind gebührenpflichtig. Die Nichtbeachtung dieser Bestimmungen ist strafbar.
Solange daher kein Fertigarzneimittel mit NABILON auf dem deutschen Markt angeboten wird oder kein inländischer Großhändler den Apotheken
den Bezug des Wirkstoffes zur Herstellung von Rezepturen auf dem üblichen Wege ermöglicht, ist der Einsatz des Stoffes mit erheblichem Aufwand
verbunden.
Die arzneimittelrechtlichen Bestimmungen über die Einfuhr (§§ 72 ff. AMG) sind im übrigen ebenfalls zu berücksichtigen. Bei Einfuhren aus
den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) ist "nur" das Verbringungsverbot des 73 AMG zu beachten, von dem es
jedoch Ausnahmen gibt (z.B. in Abs. 3). Dabei entfällt u.U. die Gefährdungshaftung des pharmazeutischen Unternehmers, so daß Arzt und Apotheker
ein erhöhtes Haftungsrisiko tragen. (Die berufs- oder gewerbsmäßige Einfuhr aus Drittländern ist weit aufwendiger und erfordert in der Regel
zusätzlich eine arzneimittelrechtliche Einfuhrerlaubnis)...
TEMME, D. (Fachapotheker für öffentliches Gesundheitswesen)
D-21465 Wentorf
Herba cannabis indicae gehörte 1913 als Standardbestandteil zu den in Apotheken verfügbar gehaltenen Arzneimitteln. Als wirksames Prinzip war
damals schon Cannabinol bekannt.1 Ein "Leitfaden für die Praxis" die "Klinische Pharmakologie" von N. RIETBROCK et
al. übergeht hierzulande in der 2. Auflage 1994 sämtliche Cannabinoide,2 während angelsächsische Nachschlagewerke der
Pharmakologie wie z.B. das Oxford Textbook ausführlich Inhalte und Wirkungen eines "joint" abhandeln mit einem Durchschnittsgehalt von
etwa 2,5 mg Tetrahydrocannabinol pro inhalierter Zigarette.
Fachleute setzen sich für die Entkriminalisierung einer Rekreationsdroge ein, die etwa 28% der US-Bevölkerung verwenden.3 In
Großbritannien soll ein ministerieller Erlaß das seit 1971 den nicht mehr verschreibungsfähigen Mißbrauchssubstanzen unterstellte Cannabis aus
dem Ruch der Illegalität befreien. Dronabinol ein synthetischer Cannabis-Abkömmling kann neuerdings dort auf derselben Stufe wie
Morphin oder Pethidin (DOLANTIN) rezeptiert werden,4 Red.
1 | ABEL, F.: "Grundriß der Pharmakologie und Toxikologie für Mediciner und
Pharamaceuten", Seemann-Verlag, Berlin 1913 |
2 | RIETBROCK, N.: "Klinische Pharmakologie", Steinkopff-Verlag, Darmstadt
1994 |
3 | GRAHAME-SMITH, D.: "Clinical Pharmacology and Drug Therapy", Oxford
University Press, Oxford 1992 |
4 | Lancet 346 (1995), 761 |
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