Krisen nach Serotonin-Wiederaufnahmehemmern: Ein 40jähriger Lehrer nimmt gegen Depressionen ein halbes Jahr den Serotonin-
Wiederaufnahmehemmer Paroxetin (SEROXAT) ein. Zwei Tage nach Absetzen erlebt er extreme Unruhe, Panikattacken, Weinkrämpfe und
Ohnmachtsgefühl, die erst nach erneuter Einnahme des Antidepressivums abklingen (NETZWERK-Bericht 7728). Vorwiegend körperliche
Entzugserscheinungen wie Schwindel, Kopfschmerz und Übelkeit sind auch nach Absetzen von Fluoxetin (FLUCTIN; 5007, 5008) und Fluvoxamin (FEVARIN)
bekannt (vgl. a-t 12 [1994], 120) und sollen durch langsames Ausschleichen vermieden werden. Der Versuch, neue
Indikationsnischen für Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zu finden (vgl. a-t 4 [1990], 40), gefährdet weitere
Personenkreise: In einer kontrollierten Studie erhalten zwei Männer ohne auffällige psychiatrische Vorerkrankung sechs Wochen lang Paroxetin gegen
Stottern. Nach dem Absetzen, bei einem der beiden nach schrittweiser Dosisreduktion über zwölf Tage, werden sie redselig, das Denkvermögen wird
als beschleunigt empfunden, und das Schlafbedürfnis nimmt ab. Einer der Männer fühlt sich von Mordgedanken gegenüber Bekannten und
seinen eigenen Kindern beherrscht, der andere verspürt den Drang zu stehlen. Beide denken an Selbstmord. Nach gut zwei Wochen verschwinden die
Wesensänderungen spontan. Sie werden auf unzureichendes Ausschleichen des Serotonin-Wiederaufnahmehemmers zurückgeführt und
könnten Ausdruck geringer Serotonin-Konzentrationen im Zentralnervensystem sein. Die Autoren schließen eine besondere Empfindlichkeit von Stotterern
gegen diese Antidepressiva nicht aus (BLOCH, M. et al.: Lancet 346 [1995], 57).
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