HORMONELLE VERHÜTUNG FÜR DEN MANN |
In meiner Praxis wurde ich auf den aktuellen Stand der männlichen hormonellen Verhütung angesprochen. Wann und in
welcher Art kann die "Pille für den Mann" Anwendung finden? Welche Nebenwirkungen sind damit behaftet und welche Kontraindikationen
bestehen?
Dr. M. KUBA (prakt. Ärztin)
D-29378 Wittingen
Die Bildung von Spermien nimmt ab, wenn die Freisetzung von follikelstimulierendem und luteinisierendem Hormon aus der Hirnanhangdrüse gebremst
wird.1 Dies läßt sich durch einen Impfstoff (in Erprobung) bewirken, der die Bildung von Antikörpern gegen das übergeordnete
Neurosekret Gonadotropin-releasing-Hormon stimuliert, oder auf dem Wege der negativen Rückkopplung durch hohe Testosteronspiegel im Blut. Mit
wöchentlichen Injektionen von 200 mg Testosteronenantat (TESTOVIRON-DEPOT u.a.; keine Zulassung als Kontrazeptivum) lassen sich innerhalb von sechs
Monaten befruchtungsfähige Spermien aus dem Ejakulat eliminieren. Schmerz und Infektion an der Injektionsstelle, Akne,2 psychische
Veränderungen wie Aggressivität, Depression oder wahnhafte Verkennungen, Zunahme der Muskelmasse sowie Lipidveränderungen
beeinträchtigen die Methode. Wöchentliche Injektionen sind unpraktikabel. Die Weltgesundheitsorganisation WHO läßt daher
Testosteronbuciclat erproben, das die Bildung von Samenzellen länger anhaltend unterdrücken soll.
Schon in den 20er Jahren vermutete man die Ursache von Kinderlosigkeit, niedrigen Spermienzahlen und bei Frauen Amenorrhoe in einigen Regionen Chinas in der
Zubereitung von Speisen mit billigem Baumwollsamenöl. Klinische Studien bestätigen die Beeinträchtigung der Zeugungsfähigkeit durch das
aus Baumwollsamenöl gewonnene Gossypol (a-t 10 [1980], 80). Das Mittel läßt sich nicht steuern: Jeder fünfte Mann bleibt zwei Jahre nach
Absetzen unfruchtbar. Das von Schering vor Jahrzehnten zur Ungeziefervertilgung verwendete Abfallprodukt der Baumwollproduktion verursacht bei rund 1% der
Anwender schwer zu behandelnde Lähmungen durch Hypokaliämie.4 Von Gossypol gehemmte Enzyme wie die Glutathion-S-Transferase haben
für die Entgiftung potentieller Kanzerogene Bedeutung.3 Im Tierversuch erzeugt das Naphthalin-Derivat Krebs.5 Weniger giftige Substanzen
wie Nifedipin (ADALAT u.a.) werden als "Pille" für den Mann erprobt (a-t 3 [1994], 30). Mit dem
Abortmittel Mifepriston (RU 486) oder seinen Abkömmlingen sollen demnächst Tierversuche zur Hemmung der männlichen Fertilität
starten,6 Red.
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