WO BLEIBT DIE ARZNEIQUALITÄT? |
Einerseits wird von Ihnen gefordert, daß (Zitat a-t 9 [1994], 84) "von einem großen pharmazeutischen Unternehmen kostspielige Sicherheitsstudien ... auch zu erwarten sein (müssen) ..., wenn ein
Mittel nur einer kleinen Zahl von Menschen nützlich ist". Andererseits berücksichtigen Ihre Vergleiche nur den Arzneimittelpreis, nicht aber die
pharmazeutische Qualität des Arzneimittels und den Beitrag des einzelnen Unternehmens zum pharmazeutischen und medizinischen Fortschritt. Wie Ihnen
sicher bekannt ist, kann bei biopharmazeutisch problematischen Arzneistoffen die alleinige Auswahl nach dem Preis-Kriterium für den Patienten medizinisch
nachteilig sein. Daher halte ich beispielsweise die Bewertung von EUGLUCON als zu teuer (a-t 9 [1994], 82) für
unwissenschaftlich sowie politisch wie betriebswirtschaftlich ungerechtfertigt, wenn nicht gleichzeitig auf die Problematik des Arzneistoffes Glibenclamid und die
biopharmazeutische Entwicklungsleistung des Original-Herstellers hingewiesen wird.
Es ist auch bedauerlich, wenn beispielsweise in Ihren Preisvergleichen Arzneimittel der Firma Aliud quasi empfohlen werden. Bis heute konnte ich von dieser Firma
keinerlei Unterlagen zur pharmazeutischen, insbesondere auch biopharmazeutischen Qualität erhalten, welche ich vor eineinhalb Jahren angefordert habe.
Möglicherweise sind solche Unterlagen nicht vorhanden. Ich darf auch davon ausgehen, daß von Aliud keine Arzneimittel "nachgeahmt"
werden, welche nur einer kleinen Zahl von Menschen nützlich sind oder bei denen durch irgendwelche Entwicklungstätigkeiten oder Sicherheitsstudien
Kosten entstehen, welche über den Kaufpreis allgemein erhältlicher Wirk- und Hilfsstoffe sowie der Kosten für Produktion und Routineanalytik
hinausgehen.
Dr. rer. nat. P. MAISENBACHER (Stadtapotheke)
D-88630 Pfullendorf
Millionenfache Umstellungen auf preiswerte Präparate als Folge der Einführung eines Arzneimittelbudgets ergaben keine Hinweise auf gravierende
Qualitätsmängel deutscher Arzneimittel. Chargenrückrufe wegen Qualitätsdefiziten betreffen Marken- und Generikahersteller
gleichermaßen. Immerhin machen Zweitanmelderpräparate inzwischen fast 40% des Gesamtmarktes aus (SCHWABE, U., D. PAFFRATH (Hrsg.):
"Arzneiverordnungs-Report '94", Fischer, Stuttgart, 1994, Seite 7).
Die "biopharmazeutische Entwicklungsleistung" für EUGLUCON N scheinen die Originalhersteller Boehringer-Mannheim/Hoechst gering
einzuschätzen. In Ländern wie den USA bietet Hoechst das Antidiabetikum nach wie vor ausschließlich in nicht-mikronisierten Zubereitungen
an.
Patentlaufzeit und eingeführte Handelsmarke des Erstanbieters belohnen innovative Leistungen. Die Konkurrenzsituation nach Ablauf des Patentschutzes
erfordert Flexibilität. Wer im Wettbewerbsdruck an Hochpreisen festhält, läuft Gefahr, in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen, wie dies
beispielsweise mit dem Hochpreis-Allopurinol UROSIN der Firma Boehringer Mannheim geschehen ist, Red.
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