UNGEBREMST: ROHYPNOL IN DER DROGENSZENE |
Seit Beginn der 90er Jahre steht das Benzodiazepin-Derivat Flunitrazepam (ROHYPNOL u. a.) an der Spitze der in der Drogenszene
mißbräuchlich verwendeten Tranquilizer (a-t 12 [1992], 120). Hieran hat wie frühere
Erfahrungen mit MEDINOX und VESPARAX erwarten ließen die Halbierung der Flunitrazepam-Dosis auf 1 mg pro Tablette im Frühjahr dieses
Jahres bisher nichts geändert.
Teil-Daten aus dem Frühwarnsystem für Deutschland bestätigen auch für 1994 die führende Rolle von ROHYPNOL als Ersatzmittel Nr. 1
in der Drogenszene.1 Da die Dosierung nach dem Effekt erfolgt, wird die Halbierung "prompt durch eine Verdopplung der Tablettenzahl pro Tag durch
die Abhängigen beantwortet" und hat lediglich "eine unerwünschte Umsatzsteigerung zum Resultat".2 "Der in der Szene
bzw. für sie erfolgende Umsatz ist bereits bedeutend."1 Dies mag auch die sanfte Inaktivität erklären, mit der Roche auf
Bemühungen um Mißbrauchseindämmung reagiert.
Das NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION dokumentiert die Allgemeingefährlichkeit von Flunitrazepam: Ein zum Drogenentzug
aufgenommener Heroinabhängiger verläßt nach Auftreten von Entzugssymptomen die Klinik. Nach einem "Heroinschuß" und
Einnahme von Diazepam (VALIUM u. a.) und acht Tabletten ROHYPNOL verübt er einen Raub (Bericht 4850).
FAZIT: Seit Jahren gehört Flunitrazepam (ROHYPNOL u. a.) zu den in der Drogenszene am häufigsten mißbräuchlich verwendeten
Arzneimitteln. Wirksame Gegenmaßnahmen stehen weiterhin aus.
CAVE: Noch immer erfolgen 30% der Beschaffungen über einen rezeptierenden Arzt, der Rest aus Szenequellen. Wir halten Flunitrazepam für allgemein
entbehrlich (vgl. S. 83 dieser Ausgabe) und drängen auf Maßnahmen zur Risikoabwehr.
1 KEUP, W.: Frühwarn-System-Bericht Nr. 98 vom 1. Aug. 1994
2 ibid.: Bericht Nr. 97 vom 25. Juli 1994
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