SCHWEDEN: INDIKATIONSEINSCHRÄNKUNG FÜR ANTIMYKOTIKUM TERBINAFIN (LAMISIL) |
Als "unerwartet hoch" bezeichnet die schwedische Behörde die Zahl der seit September 1992 eingegangenen Nebenwirkungsberichte
für das Antimykotikum Terbinafin (LAMISIL). Die Hälfte der 208 Meldungen betrifft die Haut, mit Exanthemen bzw. Urtikaria/Angioödem bei jeweils 40
Personen (19%). Siebenmal kam es in Verbindung mit Terbinafin zu Erythema multiforme, zweimal zum STEVENS-JOHNSON-Syndrom und bei einer Person zur
lebensbedrohlichen ausgedehnten toxischen epidermalen Nekrolyse (Syndrom der verbrühten Haut, LYELL-Syndrom). Die Hautreaktionen können schon
am ersten Tag der Einnahme beginnen, aber auch noch nach mehr als zweimonatiger Behandlung. Auffällig häufig kommt es zu auch unangenehmen
Geschmacksveränderungen (35% der Meldungen), ferner zu Geruchsverlust und Transaminasenanstieg.1 Bei zwei zuvor gut eingestellten
Altersdiabetikern stieg der Blutzucker unter dem Antimykotikum.2
Nagelpilz wird oft aus kosmetischen Gründen behandelt. Die Erkrankung mag zwar für den Patienten ärgerlich sein, beeinträchtigt jedoch nicht
das Allgemeinbefinden. In Schweden hat sich Sandoz angesichts der unangenehmen bis bedrohlichen Störwirkungen mit der Einschränkung der
Indikation auf "Pilzinfektionen der Nägel, wenn die äußerliche Behandlung nicht angezeigt ist oder unzureichend wirkt", einverstanden
erklärt.1 Sandoz Deutschland hält das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Terbinafin (Werbung: "Sanft zum Patienten, hart gegen Pilze")
hingegen für "günstig" 3 und bietet das Mittel nach wie vor unbegrenzt gegen durch Dermatophyten verursachte Infektionen der
Finger- und Zehennägel an, ferner bei schweren therapieresistenten Infektionen der Haut durch Dermatophyten.4
Im NETZWERK DER GEGENSEITIGEN INFORMATION dominieren für Terbinafin-Verwender im Wortsinn bittere Erfahrungen. 10 von 17
Berichten umfassen Geschmacksstörungen bis hin zur vollständigen Ageusie nach zwei- bis achtwöchiger Einnahme. Ein kaufmännischer
Angestellter nimmt nichts Salziges mehr wahr, jedes Essen scheint zu wenig gewürzt zu sein (NETZWERK-Bericht 6966). Für eine Lehrerin
"schmeckt alles grausig gleich, Brot, Marmelade, Obst" (7065). Ein 56jähriger empfindet schlagartig alle Speisen als bitter (6919). Ein 73jähriger
verliert plötzlich seinen Geschmacksinn vollständig (6675). Nur bei drei Personen ist der Geschmack zum Berichtszeitpunkt vollständig
zurückgekehrt (6436, 6886, 6919).
FAZIT: In a-t 1 (1993), 20 warnten wir erstmals vor zum Teil bedrohlichen Leber- und Hautschäden nach Einnahme des Antimykotikums Terbinafin
(LAMISIL). Unangenehme, bisweilen Monate anhaltende Geschmacksstörungen können die bei dreimonatiger Anwendung rund 700 DM teure
Pilzbehandlung beeinträchtigen. In Anbetracht der massiv die Lebensqualität vermindernden Wirkungen sollten nur die wenigen Patienten Terbinafin
einnehmen, für die eine zwingende Behandlungsnotwendigkeit besteht und eine besser verträgliche Lokalbehandlung nicht möglich
ist.
1 | Biverkningsnytt: Läkartidingen 91 (1994), 1105 |
2 | Biverkningsnytt: Läkartidingen 90 (1993), 3572 |
3 | LAUKANT, A., K. HÖRMANN: Schreiben der Sandoz AG vom 29. März 1994
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4 | LAMISIL, Rote Liste 1994, 20 014 |
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